Die letzte Front

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anndlich Avatar

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Juniper „June“ Song Hayward und Athena Liu sind beide in ihren literarischen Anfängen, doch während die eine für ihre Romane gefeiert wird, wird die andere kaum beachtet. Juniper hat dafür eine einfache Erklärung, denn als normale weiße Frau hat sie es im Gegensatz zur chinesisch-amerikanischen Autorin Athena schwer in einer Autorenwelt, die Diversität fördert.

Doch dann wird June Zeugin eines tragischen Unfalls, dem Athena zum Opfer fällt. Noch in der Nacht stiehlt June Athenas neustes Manuskript über den ersten Weltkrieg, das die Sicht der chinesischen Arbeiter in den Fokus nimmt.

Juniper verliert sich in der Welt, überarbeitet das Manuskript und veröffentlicht es unter ihrem Namen „Juniper Song“. Denn Juniper ist sich sicher, dass dieses Werk den Ruhm verdient und sie auch. Doch es lauern Gefahren und das Geheimnis gilt gehütet zu werden. Wie weit wird Juniper für diese Lüge gehen?

Yellowface von R.F. Kuang ist ein unglaublich dichter Roman über das Leben einer Autorin, deren größter Wunsch es ist ‚gesehen zu werden‘. Dabei wird der Lesende auf eine Reise durch die eigene Moralvorstellung geschickt, die Suche nach der Wahrheit gestartet und die Grenzen von Diebstahl unter die Lupe genommen.

Juniper „June“ Song Hayward ist eine komplexe Protagonistin, die nicht unbedingt durch Sympathien überzeugen kann. Ihr Charakter ist schwierig, einige Gedanken/Handlungen sind kaum zu entschuldigen, andere verständlich und manchmal kommt dann sogar Mitleid für sie auf. Juniper schickt uns durch eine Gefühlswelt, lässt uns sprachlos zurück und gedanklich nie abschalten. 

Das Grausamste daran ist: wir finden die Gegenwart in Yellowface wieder. Bedrückend muss man erkennen, dass vieles davon wirklich passieren kann und einiges täglich passiert, nicht June, nicht Athena aber vielen, vielen anderen Menschen.

Yellowface lässt einem atemlos zurück, in kürzester Zeit liest man eine Geschichte, die so komplex, aber doch leicht zu lesen ist. Die das Gedankenkarussell startet und vor allem über die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion nachdenken lässt.
Nichts bleibt unausgesprochen, keiner bleibt sauber, alles wird hinterfragt! Ein schonungslos ehrlicher Roman, der dabei auch noch unterhalten kann.