Brutal und schonungslos

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mitchwlb Avatar

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Ein brutal ehrliches Buch über das Erwachsenwerden im Glasgow der 90er Jahre.
Die Hauptfigur Mungo ist so ganz anders als sein Bruder Hamish.
Hamish: gefürchteter Bandenführer, organisiert Strassenschlachten, ist jung Vater geworden. Auf der anderen Seite Mungo: sanft und verträumt, mit seinen 15 Jahren erst noch mehr Kind als Mann. Er versucht inmitten seiner kaputten Familie seinen Weg zu finden. Sucht vergeblich Liebe bei seiner alkoholkranken Mutter und versteht sich zumindest mit seiner Schwester, die ihrerseits versucht mit Bildung aus diesem Leben zu fliehen.

„Ihr kleiner Bruder besaß eine ganz besondere Art von Schönheit. Es war weder die gewöhnliche markante, etwas grobe Art von Männlichkeit noch der geschniegelte, übertrieben parfümierte Amateurfußballer-Stil der Jungs aus ihrem Jahrgang. Mungo hatte hohe Wangenknochen und geschwungene Augenbrauen, für die Jodie mit ihrem runden Gesicht und der Stupsnase gemordet hätte. Sein Blick war fast scheu. Aber seine haselnussbraunen Augen konnten einen in betörender Wärme baden, und wenn er den Blick abwandte, wünschte man nichts mehr, als dass er noch einmal hersah. Wenn man es schaffte, ihm sein vorsichtiges Lächeln zu entlocken, wurde man reich belohnt; wer in den Genuss kam, schloss ihn sofort ins Herz. Sein weiches Wuschelhaar löste bei Frauen den Drang aus, ihn zu bemuttern.“ (Seite 34)

Dann begegnet Mungo James, bei ihm kann er sein, wie er ist. Es entsteht eine Liebe zwischen den zwei Jungs, die für die beiden lebensgefährlich wird, wenn sie denn entdeckt wird.
Das Buch zeigt schonungslos den Kampf eines jungen Mannes um seinen Platz in der Welt. Dabei kommen alle Probleme der Arbeiterschicht auf den Tisch: Alkoholsucht, Gewalt, ungewollte Schwangerschaft, Straßenschlachten zwischen Protestanten und Katholiken…

Können die einzelnen Personen es schaffen, von dem vermeintlich vorherbestimmten Weg abzuweichen und ihr Glück zu finden? Oder müssen sie Kompromisse eingehen, bis hin zur Selbstaufgabe?
Douglas Stuart schafft es mit seiner Sprache, dass man mit den Figuren leidet, besonders mit Mungo und man ist am Ende erschüttert von seinem Schicksal und trotzdem schimmert Hoffnung durch die dunklen Seiten der Geschichte.
Ein sehr gut geschriebenes Buch, aber durch die geschilderte sexuelle, körperliche und psychische Gewalt, nicht wirklich ein Buch für Jeden.