Erschütternd und stark

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eulenmatz Avatar

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MEINUNG:

Young Mungo ist der zweite Roman von Douglas Stuart, der für seinen ersten Roman, Shuggie Bain den Bookerpreis bekommen hat. Shuggie Bain habe ich mir für dieses Jahr auf jeden Fall noch vorgenommen. Nun habe ich Young Mungo allerdings vorgezogen.

Wieder befinden wir uns Glasgow in einem Arbeiterviertel, wo auch der Autor selbst aufgewachsen ist in den 90er Jahren. Mungo, benannt nach dem heiligen Mungo, des Schutzpatrons von Glasgow sowie Schottland, ist der jüngst von drei Geschwistern. Sein Bruder Hamish ist ein gefürchteter Bandenführer, der auch von Mungo erwartet, dass er an den Kämpfen zwischen Protestanten und Katholiken teilnimmt. Seine Schwester Jodie gibt ihm Halt, da ihre Mutter häufig durch Abwesenheit glänzt und sich lieber dem Alkohol widmet. Dann lernt er James kennen. James ist seine Retteung und dennoch ist die aufkeimende Liebesbeziehung zu dieser Zeit gefährlich von beider Leben.

Es gibt praktisch drei Handlungsstränge. Im ersten Handlungsstrang erfahren wir wie das Leben von Mungo, seinen Geschwistern und ihrer Mutter ist. Die Mutter hat alle drei Kinder sehr früh bekommen. Ihr Vater ist bei einer Kämpferei zwischen Banden früh ums Leben gekommen. Das Geld reicht hinten und vorne nicht und sie hat ein großes Alkoholproblem. Durch wechselnde Liebhaber glänzt sie auch häufig durch Abwesenheit und überlässt die Kinder sich selbst. In der Zeit kümmert sich Jodie um Mungo und ersetzt ihm die Mutter, aber auch für sie bedeutet das ein große Last. Das Leben der vier ist oft unfassbar deprimierend und es gar nicht so leicht diesem Leben irgendwie zu entkommen, wie man es sich von außen denkt.  Was mein Herz berührt hat, dass Mungo seine Mutter trotzdem über alles liebt und in den selten Momenten, wo sie da ist, einfach nur Geborgenheit von ihr möchte. Mungo ist ein sensibler, feinfühliger Teenager. Vermutlich spüren schon einige frühzeitig, dass er anders ist. Homosexualität zur damaligen Zeit ist allerdings ein riesiges Problem und in keinerlei Weise akzeptiert, ganz im Gegenteil.

Dennoch findet es im zweiten Handlungsstrang in James endlich eine Person, bei der er Geborgenheit und Liebe erfährt. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden entwickelt recht zaghaft. James scheint sich seiner Homosexualität schon früher bewusste gewesen zu sein. Mungo muss dies erst noch eingestehen. James hat früh seine Mutter verloren. Der Vater arbeitet auf einer Bohrinsel. Ich finde es wirklich heftig, wie viele Personen ihre Kinder praktisch sich selbst überlassen ohne Aufsichtsperson. Gewalt in den Familie ist auch total normal. Besonders traurig fand ich, dass James Vater aber von James Neigung weiß und ihn gerade deswegen ausgrenzt. 

Der dritte Handlungsstrang spielt sich in der Gegenwart ab. Mungo wird von seiner Mutter mit zwei Männern auf einen Angeltrip geschickt, damit sie einen richtigen Mann aus ihm machen. Diesen Strang fand ich am schlimmsten zu lesen und möchte das hier gar nicht weiter ausführen. Diese Textstellen sind nicht für schwache Nerven. Manchmal ist es wirklich schwer zu ertragen, was Douglas Stuart den LeserInnen zumutet. Das Geschriebene ist so schonungslos, dass es häufig an die Grenze des Ertragbaren heran reicht. Häufig habe ich mich gefragt, was Mungo noch alles ertragen muss. Mich hat wirklich oft diese Ausweglosigkeit erschüttert. Es fehlen hier schlicht weg die Mittel und der Rückhalt der Familie. Anders zu sein, wie Mungo es ist, bedeutet entweder die Flucht oder er muss sich anpassen. Doch Mungo lernt zu wissen was er möchte und wie er für sich kämpft.

FAZIT:

Young Mungo ist eine Milieu Studie von Glasgow in den 1990er Jahren, in der uns Douglas Stuart der Leserschaft wirklich eine Menge abverlangt. Es ist auch eine Liebesgeschichte. Auch wenn es mich erschüttert und fassungslos gemacht hat, bleibt es ein wirklich starkes Stück Literatur.