Gelebte Hoffnungslosigkeit

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In den 90er Jahre wachsen im Glasgower Eastend 3 Geschwister mit ihrer alkoholkranken sehr jungen und unreifen Mutter auf. Sie leben in einer Gegend mit Sozialwohnungen, wo die Protestanten mit den Katholiken Revierkämpfe austragen. Mungo ist der Jüngste der Geschwister. Sein Bruder Hamish ist gewalttätig und verdient als Dealer sein Geld. Die Schwester Jodie hat zwangsläufig die Mutterrolle übernommen und versucht die Familie zusammenzuhalten.
Der sanftmütige Mungo kommt nur schwer in dieser Welt zurecht. Sein Leben ist trostlos und er müht sich trotzdem ab. Derweil kommt er einem katholischen Jungen näher, entdeckt seine Gefühle und muss sie doch verstecken, weil die Katholiken die Feinde sind, ein Anderssein nicht akzeptiert wird und in Gewalt und Ausgrenzung resultieren.
Homosexualität wird nicht geduldet und gilt als abartig. Sie leben in Gefahr, denn wenn ihr Geheimnis auffliegt, könnte ihnen jemand etwas antun.

Im Mittelpunkt des Buches steht der 15-Jährige Mungo, aus dem bis auf seine einfühlsame und fürsorgliche Schwester alle immerzu einen Mann machen wollen. Dabei hat er eine ganz andere Vorstellung vom Mannsein.
Die Armut ist schier greifbar und man bekommt ein Gefühl dafür, wie schwierig es ist und wie viel Kraft es kostet, diesem Kreislauf zu entrinnen.

Deprimierende Hoffnungslosigkeit spricht auch aus dem brutalen Hamish. Man erlebt hautnah mit, wie er versucht seinen Bruder mit sich in den Abgrund zu reißen und wie stark diese doch schädlichen Familienbande sind.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Der Autor bringt einem diese Welt beim Lesen so nah, dass die heftige Geschichte in ihrer teils schonungslosen Offenheit und Brutalität stellenweise kaum zu ertragen ist.
Die unterschiedlichen Figuren waren für mich sehr authentisch und ihre Entwicklung gut nachvollziehbar, auch wenn mir so manche Entscheidung der Protagonisten widerstrebt hat. Das Buch spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die den Spannungsaufbau unterstützen und deren Zusammenhänge sich erst gegen Ende erschließen.

Um nicht zu spoilern, erwähne ich hier manche Geschehnisse und Entwicklungen nicht, aber meine Emotionen haben mich oft überrollt, weil ich so tief in diese Hoffnungslosigkeit eingetaucht war.

Das Buch war trotz des erschütternden Themas ein Lesehighlight für mich, aber ich denke, dass es für junge Menschen nicht unbedingt geeignet ist.