Harte und sehr bewegende Milieustudie

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frauklopp Avatar

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Kurz vorweg, ich habe für dieses Buches sehr sehr lange gebraucht. Die Geschichte rund um Mungo hat beim Lesen richtiggehend geschmerzt. Und eigentlich verarbeite ich es immer noch.

Der fünfzehnjährige Mungo lebt mit seiner alkoholkranken Mutter, seinem gewalttätigen und kriminellen Bruder Hamish und seiner Schwester Jodie im harten Arbeiterviertel von Glasgow. Mit seiner Sanftheit, seiner sensiblen und verträumten Art und mit seiner Queerness passt er nicht zu dem vorherrschenden rauhen Ton der 90er Jahre. Mungo erfährt dadurch nicht nur Ablehnung, sondern echte Gefahr. Selbst als er sich in James, einen gleichaltrigen Katholiken, verliebt und die beiden Jungs die erste große Liebe erleben, spürt man bereits den Anfang vom Ende. Immerzu möchte man Mungo zurufen und ihn warnen, den man ahnt, in was für einer Katastrophe alles enden wird …

Ich kannte Douglas Stuart und seinen Debutroman „Shuggie Bain“ vorher nicht und habe relativ unvoreingenommen dieses Buch gestartet. Dass es emotional werden würde war mir schon durch die Leseprobe klar, eine ungeschönte Milieustudie, aber dass mich dieses Buch so wegfegen würde habe ich nicht erwartet. Dass sich Mungo und James verlieben ist der kleine schöne Lichtblick dieser Geschichte, und so berührend und liebevoll geschildert, dass man einfach weiß, wieso diese beiden Jungen sind finden mussten. Der Roman ist in zwei Zeitschienen geschrieben, und die Geschichte, die „nachher“ spielt, konnte ich ebenfalls nur schwer aushalten. Mo-Maw, Mungos Mutter, schickt ihn mit zwei „Bekannten“ aus dem AA-Kreis auf ein Angel-Wochenende, welches so brutal und hart erzählt wird, dass ich immer wieder pausieren musste. Es tut wirklich weh dieses Buch zu lesen, vielleicht sollte man ein paar Warnungen mit aufnehmen. Diese Geschichte ist tieftraurig und traurig-schön, berührend, brutal, hart, einfühlsam, emotional, aufreibend, fesselnd, ungeschönt, dunkel, beängstigend, bitter. Und literarisch ein absolutes Highlight.