Intensives Leseerlebnis

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Mungo lebt mit seiner alkoholkranken Mutter und älteren Schwester Jodie - der ältere Bruder Hamish ist bereits ausgezogen, aber immer noch im Viertel - im East End von Glasgow in den 90er Jahren. Eine Welt durchtränkt von Gewalt, Armut und Kälte umgibt ihn. Der eine Erzählstrang berichtet von einem Angel-Wochenendtrip mit zwei fremden Männern, auf den Mungo von seiner Mutter geschickt wird, um ein »richtiger Mann« zu werden. Das Buch beginnt mit dem Abschied von seiner Mutter auf diesen Trip und lässt schon die schlimmen Dinge erahnen, die stattfinden werden. Der andere Erzählstrang spielt im East End und handelt von Mungo und James, die sich ineinander verlieben. Die beiden finden ineinander das, was ihnen diese von Homofeindlichkeit und Gewalt beherrschte Welt vorenthält. Das überfordert, macht glücklich und scheint unvorstellbar.

»Manchmal tat es gut, das eigene Gewicht bei jemandem abzuladen, und wenn es nur für eine Weile war.« (S. 150)

Douglas Stuart erzählt mit einer sprachlichen Wucht von dieser Gewalt, dass das Buch beim Lesen fast schon wehtut. Und trotzdem gibt es immer wieder diese zärtlichen Momente, die so leicht in die Brutalität eingewebt sind. Die eindrücklichen und vielschichtigen Figuren nehmen die Eindeutigkeit und bringen Komplexität in den Roman. Auch muss die Übersetzung von Sophie Zeitz gelobt werden, die es geschafft hat, den Glaswegian Dialekt und Kontext der Zeit ins Deutsche zu übertragen.

Das Buch war ein intensiver Ritt durch die gewaltvolle Welt von Mungo: zwischen brutalen Bandenschlägereien der protestantischen und katholischen Jugendlichen, der ständig betrunkenen Mutter, Vergewaltigung und der allgegenwärtigen Homofeindlichkeit. Es hat mich mitgenommen, wie es ein Buch schon lange nicht mehr geschafft hat, auch wenn es ab und an sprachlich zu überdeutlich war und ein wenig Subtilität nicht geschadet hätte.

Auf jeden Fall möchte ich aber eine große Triggerwarnung für dieses Buch aussprechen - eigentlich für jegliche Art von Gewalt.