Wie brutal und dennoch feinfühlig zu Papier gebracht

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depechechrissy Avatar

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Die Schilderung von "Young Mungos" Leben in einem Glasgower Arbeiterviertel der 90er Jahre wirkt streckenweise unerträglich - so brutal und sprachlich eindrücklich erlebt man seine bedingungslose und immer wieder enttäuschte Liebe für seine treulose und dem Alkohol zugetane Mutter, die gnadenlose, körperliche Brutalität seines Bruders, einem Bandenführer, immer auf der Suche nach einem Straßenkampf mit den verfeindeten Katholiken des Viertels. Lange stützt den sensibleren und zarteren Mungo nur seine ältere Schwester, die alleingelassen mit ihren Träumen von Bildung und Aufstieg, ebenfalls die Fallstricke der toxischen Männlichkeit in dieser Gesellschaft (wortwörtlich gesprochen) am eigenen Leib zu spüren bekommt. Bis Mungo plötzlich in der Nachbarschaft auf James trifft und in einer Welt, die für Jungs wie sie noch nicht bereit ist, versteckt die erste Liebe erkunden darf. Die Sprache des Autors ist wunderbar präzise, mal abstoßend und mal zärtlich, und ich finde es in der Übersetzung clever gelöst, den einfachen Arbeitern des Viertels einen gewissen Ruhrpottslang in den Mund zu legen. Das wird ein Jahreshighlight bleiben!