Young Mungo wird zum Mann

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buecherfan.wit Avatar

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Mungo Hamilton, 15 wächst in den 90er Jahren in einem verarmten Arbeiterviertel im East End von Glasgow in einer kaputten Familie auf. Seine Mutter Maureen genannt Mo-Maw ist Alkoholikerin und verschwindet immer wieder unangekündigt für Tage oder Wochen auf der Suche nach Alkoholexzessen oder Männerbekanntschaften, ohne einen Gedanken an ihren vaterlosen Nachwuchs zu verschwenden. Mungos ein Jahr ältere Schwester Jodie kümmert sich verantwortungsbewusst um ihn, während sein fünf Jahre älterer Bruder Hamish genannt Ha-Ha, der gewalttätige Anführer der Prodders, einer protestantischen Jugendgang, einen Mann aus ihm machen will, indem er ihn zur Teilnahme an lebensgefährlichen Auseinandersetzungen mit den katholischen Fenians zwingen will, denn Mungo ist zu hübsch, zu zart und schüchtern. Eines Tages lernt Mungo den etwas älteren James Jamieson aus dem Haus gegenüber kennen, der Tauben in einem Taubenschlag in der Nähe hält. Die Beiden kommen sich näher, verlieben sich schließlich in einander. Damit bricht Mungo ein doppeltes Tabu: Homosexualität wird genauso wenig toleriert wie der Umgang von Protestanten mit Katholiken. In einem zweiten Handlungsstrang schickt Maureen ihren Sohn mit zwei Männern, die sie flüchtig von ihren Treffen bei den Anonymen Alkoholikern kennt, auf einen Ausflug in die schottische Wildnis und bringt ihn damit in Lebensgefahr. Auch Hamish wird aktiv und will mit äußerster Gewaltanwendung der Freundschaft zwischen Jamie und Mungo ein Ende setzen.
Für den Leser ist die zeitliche Orientierung nicht einfach, denn er muss die Geschehnisse „Im Januar davor“ von denen „Im Mai danach“ deanklich trennen. Die beiden Handlungsstränge werden erst am Ende zusammengeführt. Der Roman erzählt eine Liebesgeschichte, aber er enthält so viele brutale und derbe Szenen, dass es auch wegen teilweise drastischer Formulierungen schwer zu ertragen ist. Allein das halbwegs hoffnungsvolle Ende versöhnt den Leser mit dieser Darstellung eines homophoben, extrem gewaltbereiten Milieus, das durch Margaret Thatchers Stilllegung der schottischen Schwerindustrie seiner Existenzgrundlage beraubt wurde. Ein ungewöhnlicher Roman, nicht frei von Redundanzen und Längen, aber sicher lesenswert.