Liebe macht blind

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holzfrieden Avatar

Von

Belinda McKeon
Die Story
Studentin Catherine und der Fotograf James lernen sich in einer Dubliner WG kennen.
Er weiß viel und alles, hat nicht studiert. Sie glaubt weniger zu wissen als er, obwohl wohl sie studiert...
James ist mir anfangs unsympathisch. Er ist fordernd, verlangt von Catherine, dass sie macht, was er will, ohne zu diskutieren - basta! Aber dann ändert sich mein Eindruck. Mit seinem Bekenntnis zu seiner Sexualität erkennt man die Verletzlichkeit, die hinter seiner rauen Fassade steckt.
Catherine wiederum ist gefangen in den Zwängen ihres Elternhauses, nimmt Rücksicht ohne Ende, kann oder will sich nicht befreien. Auch das ändert sich mit James' Eingeständnis, schwul zu sein. Sie tritt ihren Eltern gegenüber selbstbewusst und kämpferisch auf und tritt für James ein.
Das katholische und konservative Irland In den 1990er Jahren. Man kommt sich vor, als sei es erst 1920.
Schwulsein wird nicht akzeptiert, weder in Catherines noch in James' Elternhaus.
Der Roman plätschert dahin, beschreibt das Leben von Catherine und James. Das, was aber eigentlich wesentlich ist, wird nicht ausgesprochen: James' Verzweiflung, von der nur Catherine ahnt, woher sie stammt, und Catherines zwanghafte Eifersucht auf jeden, der sich James nähert. Wohin das führen wird?
"Zärtlich" ist ein Adoleszenzroman, ein Studentenroman, eine Liebesgeschichte, vor allem aber ein tragisches Buch. Man kann kaum glauben, dass die 1990er Jahre noch so problematisch für Homosexuelle waren - und das bei weitem nicht nur in Irland.
Die Brigitte schreibt über "Zärtlich": "Ein starker Roman über den steinigen Weg der Selbstfindung und den dunkelsten Punkt im Universum der Liebe: dort wo sie unerwidert bleibt." (Brigitte Bücher- Extra, 21/2016)
Mich hat das Buch gleichermaßen berührt wie genervt. Dennoch habe ich es sehr gerne gelesen.