Bewegende Geschichte nach wahren Begebenheiten!

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schneewittchen95 Avatar

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In "Zeit zu verzeihen" von Hera Lind wird die Tragik der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts an dem Schicksal einer Familie treffend dargestellt.

Beginnend in den Wirren des ausgehenden Zweiten Weltkriegs und dem Schicksal von Zurückbleiben, Flucht und Vertreibung wird eigentlich die Geschichte zweier Familien beschrieben, die auf tragische Weise miteinander verwoben werden. Ein großer Teil des Buchs widmet sich dem Unrecht der DDR und wie es möglich ist, dass große Wunden mit der Zeit heilen und auch der Verrat im engsten Umfeld verziehen werden kann.

Hera Lind hat einen angenehmen und schnörkellosen Schreibstil, der es ermöglicht, schnell in die Geschichte einzutauchen. Das Erzähltempo ist sehr hoch. Immerhin werden mehrere Jahrzehnte im Laufe des Romans abgebildet. Leider kommt es an manchen Stellen zu störenden Wiederholungen, z. B. "meine geliebte Mutter". So wurde die Lektüre an manchen Stellen etwas seicht.

Gestört hat mich leider, dass viele der Charaktere sehr stark in Stereotype eingeteilt worden sind. Bis auf das Ende kann man alle Personen leicht in Gut und Böse einteilen. Die Schöne, aber auf unmenschliche Weise aufopfernde Mutter und die hässliche und bösartige Wächterin in der Haft sind einige Beispiele. Dabei werden Charaktereigenschaften leider ein wenig zu häufig an Äußerlichkeiten fest gemacht und rutscht manchmal in ein Stigma ab, das ich als nicht mehr zeitgemäß empfinde (bspw. korpulente Menschen auf Seiten der Wärterinnen; makellose Schönheit als Insassin).

Die Geschichte findet ein sinnvolles Ende und schafft es, das Leid und das Heilen der Opfer der unterschiedlichen Regime eindrucksvoll darzustellen. Dabei liefert der Roman wichtige Einblicke in die historischen Begebenheiten.

Die im Nachwort beschriebenen wahren Geschichten, die dem Roman zugrunde liegen, sind sehr bewegend und verdienen den größten Dank und Respekt denen gegenüber, die diese mit der Autorin geteilt und der Veröffentlichung zugestimmt haben.

"Ist das Glück, das man sich hart erarbeitet, nicht viel mehr wert als das Glück, das einem in den Schoß fällt?" S. 445