Clean Team

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
zoe2018 Avatar

Von

Die Grundidee zu _ **Zeugin der Toten** _ ist mir nicht neu, seit ich Das Clean Team von Charlie Huston gelesen habe. Auch Judith, alias Christel, übt zusammen mit ihrem jungen Kollegen Kai diesen makabren "Job" aus. Allerdings bildet das nur die Klammer zu der eigentlichen Geschichte.

Denn Frau Herrmann wäre nicht Frau Herrmann, wenn es nicht - wie schon beim Kindermädchen oder der letzten Instanz - ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit zu lösen gälte. Und so beginnt die Geschichte Mitte der achtziger Jahre in der damaligen DDR, in einem Kinderheim auf Rügen. Inhaltlich geht es dabei um die Machenschaften der Geheimdienste vor und hinter dem Eisernen Vorhang.

**Elisabeth Herrmann** s Romane zeichnen sich, meiner Meinung nach, durch eine wunderbare Mischung aus wahren, gut recherchierten Begebenheiten (Lenins Salonwagen, Wahl Gorbatschows zum Parteichef der Sowjetunion, Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke...) und einer spannenden, fiktiven Krimihandlung aus. "Zeugin der Toten" ist jedoch kein Krimi aus der Joachim-Vernau-Reihe, sondern ein eigenständiger Roman.

Die Autorin ist in Hessen geboren, genau wie ich, bringt aber das Leben der ehemaligen DDR-Bürger gut rüber, wenn sie u.a. von Florena-Creme und Bückware schreibt... Überhaupt ist Frau Herrmann eine großartige Erzählerin, ähnlich wie Cora Stephan alias Anne Chaplet, mit einer bildgewaltigen und intensiven Sprache, finde ich.

Trotzdem kann ich für die Protagonistin keine große Sympathie empfinden, auch fehlt mir etwas die Glaubwürdigkeit. Judiths plötzliche Wut und Aggression gegen alles und jeden kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Klar, 10 Jahre im Heim waren bestimmt kein Zuckerschlecken, aber das ist inzwischen 15 Jahre her und steht im krassen Widerspruch zu ihrer Arbeit als "Putzfrau", die sie seit Jahren angepasst und emotionslos verrichtet.

Doch auch wenn "Zeugin der Toten" ein paar Schwächen hat, er könnte für meinen Geschmack etwas spannender sein, ist der neue Roman von Elisabeth Herrmann ein Muss für alle, die sich für Spionage und Geheimdienste, aber auch für jüngere deutsche Geschichte, die Stasi und die ewig Gestrigen interessieren.

Ein anspruchsvolles, informatives Lese-Erlebnis, deshalb 4\* und meine uneingeschränkte Empfehlung!