Planung + Chaos (+ viel Zeit) = Freundschaft

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 „Ziemlich beste Freundinnen“ von Astrid Ruppert handelt von zwei sehr verschiedenen Frauen, die zufällig in einer Reha-Klinik aufeinandertreffen, sich zuerst zusammenraufen, beide eine große Entwicklung durchmachen und schließlich Freundinnen werden.

Konstanze, Herzchirurgin, ist seit Jahren mit Philipp, ebenfalls Herzchirurg, verheiratet und hat mit ihm zwei Kinder. Sie lebt ihr ganzes Leben auf der Überholspur. Alles muss perfekt sein, von vorne bis hinten durchgeplant, vorhergesehen und muss so schnell wie möglich gehen. Dieses Leben kommt zu einem jähen Stillstand, als sie in ihrem eigenen Krankenhaus die Treppe hinunterfällt. Das Resultat: Ein komplizierter Beinbruch. Deswegen werden ihr mehrere Monate Reha-Aufenthalt verordnet. Als sie in der Reha-Klinik ankommt ist sie noch ganz die „alte“ Konstanze: Sie nörgelt an allem herum und ist empört darüber wie ruhig und gemächlich dort alles abläuft. Das schlimmste für sie: Wegen einer Überbuchung muss sie, als Ärztin natürlich bei einer privaten Krankenversicherung, das Zimmer mit einer anderen Patientin teilen.

Jacqueline, hat drei Kinder von drei verschiedenen Männern und arbeitet so viel sie nur kann um Geld heranzuschaffen. Sie hat viele Minijobs, macht den Kindern trotzdem jeden Tag Frühstück und bringt sie in die Schule bzw. den Kindergarten, und wird von allen meistens nur ausgenutzt. Außerdem hat sie so ihre Probleme mit Behörden und Formularen, sodass sie keinerlei Unterstützung vom Staat bekommt. Als sie gerade dabei ist ihren momentanen „Lebensgefährten“ Mike aus der Wohnung zu werfen, weil er sie betrügt, schießt ihr ein stechender Schmerz ins Kreuz und sie kann weder vor noch zurück: Ein Bandscheibenvorfall. Wohl oder übel muss sie ihre Kinder unter der Obhut von Mike zurücklassen, der sich jetzt natürlich besonders toll vorkommt. Auch sie muss in die Reha-Klinik, was allerdings, dank Tagegeld, all ihre Ersparnisse auffrisst. Für sie ist es dort wie im Hotel, das Essen wird gebracht, man muss sich um nichts kümmern und dass sie ihr Zimmer mit einer anderen Patientin teilen muss, ist für sie eher ein Abenteuer.

Diese beiden Welten prallen nun, dank besonders guter Zimmerorganisation in der Klinik, aufeinander. Die beiden Frauen bewegen sich im Laufe der Geschichte immer mehr aufeinander zu. Sie erfahren gegenseitig immer mehr von sich und bewegen sich gemeinsam durch die Hochs und Tiefs ihrer Erholungsphase, die bei beiden bestenfalls zu einer Lebensveränderung führen soll. Konstanze soll, auch wegen Herzproblemen, die sie als Herzchirurgin selbst nicht erkannt hat, oder nicht erkennen wollte, ruhiger und gelassener werden. Allerdings hat sie lange Zeit Probleme damit zur Ruhe zu kommen oder Entspannungsübungen mitzumachen. Doch nach und nach entdeckt sie neue (und alte) Interessen, wie Malen oder Klavierspielen. Außerdem hat ihre Ehe dringend eine Überholung nötig. Seit Jahren leben sie und ihr Mann Philipp nur noch nebeneinander her und reden, wenn überhaupt nur über die Arbeit. Dazu kommt noch, dass für die Abteilung, für die sie beide arbeiten ein neuer Chef gesucht wird. Auf diese Stelle haben sie sich beide beworben, und das bringt zusätzlich Konfliktpotential in die Partnerschaft, obwohl sie das nach außen hin und auch gegenüber einander nicht zugeben wollen. Ganz anderer Natur sind Jacquelines Probleme, aber ähnlich tiefschürfend. Enttäuscht von ihrem schrecklichen Elternhaus und alleine gelassen von allen Lebensgefährten und Freundinnen, die sie jemals hatte, hat sie gelernt im Leben niemandem zu vertrauen, sich von niemandem helfen zu lassen und versucht nun alles selbst auf die Reihe zu bekommen. Auch sie muss lernen ruhiger zu werden und mehr an sich selbst zu denken. So wie sie sich für alles, vor allem für ihre Kinder aufopfert, kann es nicht weiter gehen, sie muss Hilfe von anderen, und vor allem auch Unterstützung vom Staat akzeptieren. Außerdem muss sie in ihrer „Beziehung“ zu Mike, wenn man sie denn so nennen will, aufräumen und lernen, dass sie auch ohne Mann klarkommen kann.  

So erleben die beiden Frauen alle Stimmungslagen, von glücklichen Abenden zusammen bis zu hysterischen Heulkrämpfen und Streitereien zusammen. Sie beide verändern ihre Einstellung zum Leben, zu anderen Menschen und zu sich selbst. Am Ende bleiben sie sogar im „richtigen Leben“, außerhalb der Reha-Klinik, Freundinnen, aber mehr soll noch nicht vorweg genommen werden.

Der Schreibstil von Astrid Ruppert lässt den Leser sehr gut die Gefühlslage und das innere Geschehen der beiden Hauptfiguren miterleben. Es wird immer abwechselnd ein Kapitel aus Konstanzes Sicht und eines aus Jacquelines Sicht erzählt. Am Anfang ist es noch sehr einfach die beiden schon anhand des Erzählstils zu unterscheiden, die Unterschiede in der Sprache und in den Gedankengängen sind eklatant. Doch wie sich die beiden Frauen im Laufe der Geschichte entwickeln, so verändert sich auch der Erzählstil, sodass man sie am Ende beinahe nicht mehr unterscheiden kann.

Alles in allem kann ich nur sagen, dass mir, obwohl ich normalerweise keine typischen „Frauenromane“ lese, das Buch ziemlich gut gefallen hat. Auf den ersten Blick wirkt das Buch vielleicht ein wenig kitschig, mit seinem rosa Äußeren und den High-Heels auf dem Cover, aber wenn man mal hineingelesen hat wird schnell deutlich, dass es ein sehr tiefgründiger und psychologischer Roman ist, der natürlich immer wieder von lustigen Szenen unterbrochen wird.

Außerdem bin ich sehr froh mit diesem Buch ein gutes Geschenk für meine Mutter gefunden zu haben, denn ich glaube aus diesem Buch kann jede Frau in jedem Alter noch etwas lernen: Dass etwas mehr oder auch etwas weniger Ordnung und Planung im Leben guttut, dass man manchmal mehr auf sich selbst achten sollte, aber auch dass man sich um andere kümmern muss, ohne sie einzuengen und ihnen alles vorzuschreiben, und allem voran, dass frau ab und zu mal ein wenig Zeit für sich braucht, zum Nachdenken, zum Entspannen und natürlich zum Lesen. :-)