Mörderisches Irland

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miss_cooper Avatar

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Als begeisterter Krimi Leser habe ich mir oft die Frage gestellt, warum mich manche Krimis selbst im Nachhinein nicht loslassen und andere wiederum sofort nach der letzten Seite in Vergessenheit geraten.
Was unterscheidet also einen Krimi von einem richtig guten Kriminal Roman?
Mittlerweile kann ich es ganz gut benennen…
Was ich möchte ist vollkommen in die Geschichte einzutauchen und nichts anderes mehr zu wollen, als zu erfahren wer der Täter ist. Wobei es mir egal ist wie lang die Nacht wird und ich dabei einer Überdosis Koffein erliege.
Mein Innerstes verlangt nach überraschenden Wendungen, falschen Spuren und Hinweisen, was ich nicht will sind vorhersehbare Ereignisse.
Der Ermittelnde Part muss kein Symathiebolzen sein, er oder sie muss einfach glaubwürdig daherkommen und einen guten Job machen.
Aber vor allem will ich mir Gedanken über den möglich Täter und sein Motiv machen können, dabei helfen mir gezielte kleine Hinweise, zu viele, oder zu offensichtliche machen ihn berechenbar und langweilig.
Und schließlich das Finale, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und schlussendlich in allen Einzelheiten erklärt wird, warum - wie - wann- was geschehen ist. und ich mich frage warum ich denn nicht von selbst darauf gekommen bin.


Ich war also ziemlich gespannt was mir mein neuster Krimi „Zu Nah“ zu bieten hat…

Irland 2011, die von ihrem letzten Fall traumatisierte Doubliner Polizistin Frankie Sheehan, darf laut ihrer Psychologin endlich wieder arbeiten.
Eleanor Costello wird erhangen in ihrer Wohnung aufgefunden, zu viele Hinweise deuten darauf hin das es sich dabei nicht um Suizid gehandelt haben kann.
Nun ist es an Frankie den Mörder zu liefern.
Als sie sich zusammen mit ihrem Team näher mit dem Lebenslauf, der augenscheinlich immer korrekten, vorbildlichen und Ordnungsfanatischen Mikrobiologin beschäftigen, stoßen sie auf ein paar dunkle Flecken in ihrer Jugend…aufgewachsen in einem zerrütteten Elternhaus, danach Ladendiebstahl, Körperverletzung und jetzt eine Verbindung ins Darknet, genauer gesagt zu einer Webside die sich mit Selbstmord beschäftigt.
Kurze Zeit später wird in Frankies Heimatort eine weitere Leiche gefunden, verbrannt und mit Sicherheit kein Selbstmord.
Wenn es der selbe Täter war, wovon die Ermittler ausgehen, wo ist dann die Verbindung der beiden Opfer zueinander?
Und warum ist Peter Costello der Ehemann des ersten Opfers wie vom Erdboden verschluckt?
Als die Ermittler ein Video zugeschickt bekommen auf dem der Todeskampf des zweiten Opfers festgehalten wurde, steht für alle fest das diese beiden Morde erst der Anfang waren…



Eigentlich bin ich ja ein Fan von gezeichneten und angeschlagenen Ermittlern, doch mit Frankie Sheehan wurde ich einfach nicht warm, ich konnte sie einfach nicht greifen und somit auch keine Verbindung zu ihr aufbauen.
Im Gegenteil sie war mir einfach zu stur, ist mit Scheuklappen durch die Gegend gelaufen und hat potenzielle Verdächtige auf Grund persönlicher Beziehungen nicht wahrgenommen.
Vielleicht lag es auch daran, das Fr. Kiernan mir zwar Frankies komplette Gedankenwelt offenlegt, ich aber keine genaue Vorstellung davon bekommen habe wie sie aussieht, wie ihr Privatleben oder ihr Tagesablauf ist.
Für mich stellte sich das generell als Problem dar, sie schildert zwar bis ins kleinste Detail die Gefühle und Gedanken, doch von der Umgebung so gut wie nichts.
Vieles wird zu schnell und oberflächlich beschrieben, wirkt irgendwie abgehackt, sie nimmt sich keine Zeit Eindrücke in mir reifen zu lassen.
Manchmal ist mir nicht mal klar wie Frankie von einem Ort zum anderen gelangt ist.
Plötzlich sind Personen, die eben noch Teil des Gesprächs waren nicht mehr anwesend und ich frage mich, wo sind die auf einmal hin…


Das hörte sich jetzt vielleicht drastisch an und man könnte jetzt meinen, das ich das Buch ganz furchtbar fand, doch so ist es nicht.
Im Grunde hat es alles was einen lesenswerten Krimi ausmacht, eine gut ausgearbeitete und durchdachte Story, wie ich finde eine grandiose Schriftsprache bei der durch die Mischung von hypotaktischen und partaktischen Sätzen ein angenehmer Lesefluss entsteht, den man locker die ganze Nacht durchhält.
Olivia Kiernan setzt Metaphern, Vergleiche und eine Vielzahl an Fremdwörtern sehr gekonnt ein.
Die Einzelnen Adjektive am ende vieler Dialoge und Sätze sind ungewöhnlich, dennoch passen sie sehr gut in den Text, damit und mit der Ich Perspektive schafft sie Authentizität.

„Möglicherweise hat der Mörder eine Fantasie ausgelebt. Ich seufze.“

Zwischendrin war ich felsenfest davon überzeugt zu wissen wer der Mörder ist, ich habe kombiniert und gerätselt, doch bis zur letzten Seite lag ich mit meiner Vermutung falsch.
Und genau das ist es doch worauf es ankommt, falsche gelegte Spuren führen zu falschen Annahmen und am Ende ist doch alles anders.
Und erneut frage ich mich, warum bin ich nicht von alleine darauf gekommen.