Sarkasmus am Start

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lese-esel Avatar

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Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn dieser kurzweilige, unterhaltsame Frauenroman nicht so voller Sarkasmus stecken würde, dass der geneigte Leser nicht wirklich Zugang zu der Heldin Caro finden kann.
Was die gute Frau ab dem Tag ihrer Silberhochzeit so alles erleben muss, ist schon starker Tobak und normalerweise steckt Frau solche Dinge nicht mal so eben weg, als wäre nur eine Blumenvase der Ming-Dynastie zerschellt.
Die gute Caro wird ohne ihr Zutun in ihr Schicksal katapultiert und hat jetzt bitte schön das Beste daraus zu machen und das soll ihr durch handfesten Sarkasmus gelingen. Tut es aber nicht, denn der Leser weiß nicht wirklich wie es um ihr Gefühlsleben bestellt ist und was sich in ihrem Inneren abspielt. Sicher, sie hat Weinkrämpfe und ruft die beste Freundin um Hilfe, aber von wirklicher Trauer ist hier keine Spur. Caro tut locker und lässig, als wäre es völlig normal am 25. Hochzeitstag zu erfahren, dass der Ehemann… . Ihr Verhalten danach wirkt wenig 'echt' und auch ihr Umfeld steckt diese Info eher locker weg.
Was dann einsetzt, wenn Caro ihr Leben wieder 'entdeckt' erinnert mich streckenweise an einen schlechten Roman, der unter Klischees erstickt und an das verhalten verliebter Teenager erinnert. Ich meine Caro ist eine gestandene Frau von Mitte 40 mit entsprechend Lebenserfahrung (nehmen wir mal an, denn in 40 Jahren geschieht schon eine Menge) und die soll sich die Nacht um die Ohren schlagen, weil sie nicht weiß, was sie zu ihren ersten Date anziehen soll? Ehrlich? In dem Alter zu glauben, dass das Aussehen eine ausschlaggebende Rolle spielt, ist naiv. Entweder der andere nimmt mich so, wie ich bin oder er lässt es bleiben. Wenn nur das Aussehen den Ausschlag gibt, dann hat die gute Caro aber eine ganze Menge nicht gelernt.
Das Ende ist ziemlich typisch für Romane von Gabriella Engelmann. Wer andere von ihr gelesen hat, wird wissen wie es läuft.
Ich hätte es schöner gefunden, wenn die Heldin den Leser mehr an sich heran gelassen hätte. Der Sarkasmus verhindert letztlich auch, dass Caro einen Reifungsprozess durchläuft. Das Leben geht einfach weiter (fast so wie vorher) und einige Veränderungen, die sich ergeben haben sind eben normal und nicht zwangsläufig durch den Big Bäng am Silberhochzeitstag bedingt.