Im Sog der Seeschwalben

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In ihrem Debütroman "Zugvögel" nimmt uns die Autorin Charlotte McConaghy mit auf eine Reise, die den Spuren der letzten Küstenseeschwalben dieser Erde folgt. Die junge Ornithologin Franny, die mich am Rande bemerkt irgendwie ein bisschen an lisbethsalander erinnerte, macht sich auf, um den letzten Seeschwalben, die leider von dieser Erde zu verschwinden drohen, zu folgen. Mit diesem Ziel heuert sie auf einem der letzten Fischerboote an und fährt Richtung Antarktis.

Wir befinden uns in der nahen Zukunft, viele Tierarten, nicht nur Zugvögel, sind aufgrund des umweltschädlichen Verhaltens der Menschheit von der Erde verschwunden. Franny hat seit ihrer Kindheit eine besonder Affinität zu Vögeln, aber auch zu Wasser bzw. den Meeren insgesamt. Die Crew des Schiffes, auf dem Franny mitfährt besteht aus lauter skurilen Charakteren, die detailliert und einfühlsam geschildert sind, die junge Ornithologin passt dort irgendwie gut hinein.

Die Autorin wechselt immer wieder zwischen der Gegenwart an Bord des Schiffes und Rückblicken in Frannys Vergangenheit. Diese Rückblicke geben dem Leser Rätsel auf, da alles nur langsam und Stückchen weise aufgelöst wird. Warum saß Franny im Gefängnis, warum ist sie mit einem gefälschten Pass unterwegs, warum hat Franny eine mysteriöse fast suchtartige Beziehung zum Thema Tod im Allgemeinen? Offenbar leidet die Protagonistin unter dem zwanghaften Verhalten, Orte und Menschen, die sie liebt, immer wieder fluchtartig verlassen zu müssen. In ihrer teils verschlossenen Art, mit der sie Menschen von sich weg stößt, auf er anderen Seite aber doch einen ungeheuren Hunger nach Liebe und Aufmerksamkeit zu haben scheint, erinnerte mich Franny oft ansatzweise an Lisbeth Salander, eine meiner Lieblingsfiguren der Krimiliteratur.

Der Schreibstil war teilweise für mich recht ungwohnt, und doch entwickelt das Buch von Anfang an eine Art Sogwirkung, die einen immer wieder zum Weiterlesen zwingt.
Die Naturbeschreibungen aber auch die detaillierten Schilderungen der einzelnen Charaktere sind oftmals fast poetisch, das hat mir sehr gut gefallen.

Alles in allem präsentiert uns Charlotte McConaghy hier eine eindringliche Geschichte, die zwar (zumindest für mich) nicht ganz einfach zu lesen war, auch wenn ich die Lektüre durchaus genossen habe, die aber ohne den erhobenen Zeigefinder auf die zerstörerische Menschheit und deren Folgen für die Umwelt, Flora und Fauna, hinweist. Man macht sich mit Franny auf die Reise, fiebert und leidet mit ihr mit. Ich hätte sie oft einfach in den Arm nehmen wollen, denn sie wirkt so verloren und hilflos und ist doch auf der anderen Seite so eine starke junge Frau. Danke an die Autorin für dieses Buch, ich hoffe auf noch mehr Geschichten von ihr!