Drei Leben

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nonostar Avatar

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Drei Leben, drei Geschichten, doch sie alle sind verbunden durch ein Haus am Washington Square. Hanya Yanagihara schreibt über das was gewesen sein könnte, das was war und über das was noch sein wird: 1893, 1993, 2093 - drei Jahrhunderte, in denen die Menschen ein Teil der Geschichte sind.

Gleich vorweg: "Zum Paradies" ist für mich kein Roman, es sind vielmehr drei mehr oder weniger getrennte Geschichten. Man merkt mit jedem Wort, mit jeder Zeile, dass Yanagihara schreiben kann, sie wählt ihre Worte gut und präzise, sie hat ein Gefühl für ihre Themen voll Einsamkeit und schmerzerfüllter Liebe. Ihre Geschichten drehen sich stark um gleichgeschlechtliche Liebe, um den Umgang damit, um die Ausgrenzung und Gefahr, die diese Liebenden erleiden. Die Autorin spielt mit der Geschichte, sie erdenkt sich Personen, sie lässt sie lieben und Familien gründen, um die Figurenkonstellation in dernächsten Geschichte durcheinander zu werfen, neu zu erfinden.

Und hier liegt auch mein größtes Problem mit diesem Buch, oder vielmehr diesen Geschichten. Ich hatte einen bewegenden, jahrhunderteumfassenden Roman erwartet, doch bekommen habe ich drei Geschichten, die sich in sich selbst verlieren. Die tragischen Lebensgeschichten bleiben kaum hängen, da es ihnen und den Figuren an nötiger Tiefe fehlt. Kaum fängt die nächste Geschichte an, hat man die vorherige schon fast wieder vergessen. Die Figuren bleiben austauschbar, wie Yanagihara ja selbst zeigt, mir blieb die Persönlichkeit zu sehr auf der Strecke. Obwohl alles aus der Perspektive der handelnden Personen selbst erzählt wird, fühlt es sich oberflächlich und nichtssagend an. Die angesprochenen Themen sind gut und wichtig, doch mir fehlte die Intensität der Gefühle. Auch die Handlung bleibt mir oft zu vage, die Enden so offen, dass man kaum von einem Ende sprechen kann.

Mir fehlte lange das Interesse diesen Personen in ihrem Leben zu folgen, was es bei knapp 900 Seiten wirklich erschwert weiter zu lesen. Die dritte Geschichte jedoch, hat mich irgendwann gepackt, das Szenario wurde interessanter, die Personen "echter". Meiner Meinung nach, waren die ersten beiden Geschichten nicht ausgereift, sie wirkten unfertig und hätten mehr Raum gebraucht. Die dritte Geschichte hatte diesen Raum um sich zu entfalten, doch das alleine reicht dann auch nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass sich Yanagihara für eine Erzählung entscheidet und diese mit Leben füllt. In dieser Form jedoch, konnte mich "Zum Paradies" leider nicht überzeugen.