Gemischte Gefühle

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tanybee Avatar

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Ein Buch mit 900 Seiten in einer kurzen Rezension zusammenzufassen ist immer schwierig. Bei „zum Paradies“, ist es noch schwieriger, denn eigentlich will ich gar nicht zu viel verraten über diese Welt, in die man dort eintaucht. Teil 1 des Buches spielt 1893 und kurz davor hat die Geschichte der USA eine andere Wendung genommen als in Wirklichkeit. Es gibt keinen einheitlichen Staat, sondern mehrere verschiedene, mit unterschiedlichen Gesetzen. New York gehört zu den Freistaaten und dort wohnt der Protagonist David Bingham in einem großen Haus am Washington Square. Dieses Haus ist die Konstante der Geschichte, auch in Teil zwei im Jahr 1993 und in Teil 3 im Jahr 2093 werden wir es wieder besuchen.

Es ist faszinierend, mit welcher Selbstverständlichkeit die Autorin diese alternative Realität beschreibt. Ich bin total eingetaucht in die Geschichte und war richtig traurig, als Teil 1 viel zu schnell vorbei war. Teil 2 spielt während der AIDS Epidemie in New York und in Rückblenden auch auf Hawaii. Dieser Abschnitt konnte mich am wenigsten fesseln. In Teil 3 ist das Land gebeutelt von mehreren Pandemien. Das ist aus heutiger Sicht teilweise ganz schön hart zu lesen. Trotzdem hat mich dieser Teil am meisten begeistert. Er ist so spannend erzählt und ich bin in einen wahren Leserausch verfallen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es dazu kommen konnte.

Am Ende blieb ich aber ein bisschen ratlos zurück mit dem Gefühl, das große Gesamtkonzept des Romans nicht verstanden zu haben. Wie hängt alles zusammen? Was sollte uns Teil 2 sagen und war er wirklich notwendig? Warum werden in allen drei Teilen die gleichen Namen verwendet?

Ich hatte spannende Lesestunden und bin froh, dass ich mich von den 900 Seiten nicht habe abschrecken lassen. Man darf aber nicht mit der Erwartung an das Buch gehen, auf alle Fragen eine einfache Antwort zu bekommen. Und man muss das mit den Pandemien aushalten können. Was für mich auf jeden Fall im Vordergrund steht: Hanya Yanagihara hat ein unglaubliches Talent fesselnd zu erzählen und Welten zu erschaffen, die nur einen Schritt von unserer entfernt sind.

PS: die Frage, die wahrscheinlich viele umtreibt, möchte ich auch noch beantworten: nein, es ist nicht so krass und emotional aufwühlend wie „Ein wenig Leben“.