Interessanter Aufbau

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bluevanmeer Avatar

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Drei Zeitebenen, drei Geschichten, die über das Motiv der Liebe und denselben Wohnort, ein altes Haus, miteinander verbunden sind. Kann das funktionieren?

1893, in einem Amerika, das anders ist, als wir es aus den Geschichtsbüchern kennen: New York gehört zu den Free States, in denen die Menschen so leben und so lieben, wie sie es möchten – so jedenfalls scheint es. Ein junger Mann verliebt sich in jemand Fremden und löst die geplante Verlobung.
1993, in einem Manhattan im Bann der AIDS-Epidemie: Ein junger Hawaiianer teilt sein Leben mit einem deutlich älteren, reichen Mann, doch er hat ein Geheimnis.
2093, in einem dystopischen Zeitalter der Pandemien und permanenten Kontrolle versucht eine Frau herauszufinden, wohin ihr Mann in der Nacht verschwindet.

Es funktioniert mit kleinen Einschränkungen. Neben dem Motiv der Liebe und des Verrats gibt es Namensgleichheiten der Protagonist*innen, die ebenfalls in einem Verwandtschaftsverhältnis stehen. Es hat mich einige Zeit gekostet, diese Beziehungen zu verstehen. Aber diese kleinen Rätsel waren kein Problem, sondern sorgten für mich für Spannung.

Während mir die erste Geschichte absolut gefallen hat, zog sich Teil zwei sehr lang dahin. Es wurde viel gelitten und es fehlte mir so ein bisschen der Drive, der alles zusammenhält.

Die dritte Geschichte ist aus der Perspektive einer kognitiv eingeschränkten Person erzählt, was spannend ist, da nie klar ist, wir viel sie versteht. Angedeutetes löst sich auf, die Folgen von Pandemien werden auf die Spitze getrieben und der Teil hat so viele dystopische Anklänge, dass ich gerne noch viel mehr gelesen hätte. Das offene Ende war überraschend.

Wäre Teil 2 nicht so langatmig, wäre der Roman nahezu perfekt. Trotzdem bleibt am Ende das Gefühl, dass man drei sehr unterschiedliche Texte gelesen hat - drei Romane in einem. Ein spannendes literarisches Experiment, das in Teilen an Ein wenig Leben erinnert und für mich nicht ganz rund wirkt (Teil 2). Trotzdem hat die Autorin hier einen ganz eigenen Kosmos geschaffen und bewiesen, dass sie auch die Dystopie meisterhaft beherrscht.