Frust und Wut

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gkw Avatar

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Die Ich-Erzählerin stammt von jamaikanischen Einwanderern ab. Sie hat studiert, mit Zähigkeit hat sie sich nach oben gearbeitet im Finanzsektor in London. Sie besitzt ein gregorianisches Townhouse, wird zur Führungskraft befördert und hat einen Freund aus altem Adel. Und dennoch gehört sie nicht dazu - wird nie dazugehören.
"Hier geboren, Eltern hier geboren, immer hier gelebt - trotzdem, nie von hier."

Die Familie ihres Freundes betrachtet sie als eine Phase, sieht in ihr aber auch gern die Quotenschwarze als Symbol ihres fortschrittlichen, vorurteilsfreien Denkens.
Beim Essen mit Kollegen ist sie rassistischen und frauenfeindlichen Kommentaren ausgesetzt. Und einig sind sich die Männer ihrer Umgebung sowieso: Eine Frau in einer Führuingsposition? Das hat sie sich doch erschlafen!

Mit außergewöhnlicher sprachlicher Wucht wird hier ein Leben präsentiert, ein Leben voller Demütigungen im Kampf auf dem Weg nach oben. Es vermischen sich: ihre Demütigungen als Schwarze, als Frau und die Karriereangst, die sie begleitet. Die Angst, nicht zu genügen, alles wieder zu verlieren.
Sie hat alle Erwartungen erfüllt, ihre eigenen und die ihrer Familie. Sie hat das Ziel erreicht und spürt nun, dass sie nie ankommen wird, das Kämpfen wird kein Ende finden. Ihre Gefühle schwanken zwischen Wut und Resignation.

Die Geschichte wird nicht linear erzählt. Es ist eine sehr verknappte Schreibweise, mit Spots werden Fragmente ausgeleuchtet. Die Sprache ist manchmal direkt und grob, Wut und Frustration sind spürbar. Manchmal ist es sprachlich distanziert, eher analytisch. Und dann tauchen hin und wieder auch poetische Abschnitte auf. Im hinteren Teil des Buches wird es etwas "sperrig", gleitet über ins Essayistische.

Das Buch handelt von Rassismus und Sexismus, von Anstrengung, sozialem Aufstieg, Karriere und Leistungsdruck. Neben dem persönlichen Schicksal berichtet es auch vom Kolonialismus und der Situation von Einwanderern und den Nachgenerationen in der britischen Gesellschaft.
Und vor allem handelt es von Demütigung und Diskriminierung.

Manchen Büchern, in denen die Geschichte nur in Fragmenten erzählt wird, gelingt es, anderen nicht. Hier ist es in wenigen Worten und mit einzelnen Episoden und Bildern in großartiger Weise gelungen, ein klares Bild zu erzeugen und eine Wut zu transportieren. Sehr gutes Debüt.