On Point!

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„Zusammenkunft“ von Natasha Brown zusammenzufassen, ist schwer. Im Grunde geht es um eine Schwarze Frau in Großbritannien. Sie arbeitet erfolgreich in der Finanzbranche, hat einen Freund aus einer traditionellen (Weißen) Familie und erhält die Diagnose Krebs. Aber es geht um so viel mehr: Es geht um Rassismus, im Lauten und im Leisen, es geht um die Kolonialisierung und um das Schweigen, welches darum errichtet wurde. Es geht um Neid auf Menschen, die im Leben nichts, aber auch gar nichts geschenkt bekommen, die sich alles erarbeiten mussten und trotzdem schief angeschaut werden. Und es geht um die große Frage „Warum leben?“.
Es fängt harmlos an, mit kleinen Schikanen, die sich immer mehr verdichten, die eine Welt zeigen, vor der man gerne die Augen verschließen würde. Aber es gibt nun mal Menschen, die werden tagtäglich damit konfrontiert. Um Menschen, die keine Subjekte sind, sondern Objekte. Die man benutzen kann, wie es einem beliebt; wie es ein gewisser Schlag Mensch seit Ewigkeiten tut.
Umso länger ich über dieses Buch nachdenke, desto mehr berührt es mich. Schon beim Lesen fand ich es toll. Mir hat dieser klare, präzise Stil gefallen, das beobachtende, ohne Wertung, aber nicht emotionslos. Es löst was in einem aus. Eine Empathie, die tief geht, die erkennen lässt. Es schildert keine Gewalt in blutigen Bildern, aber sie steckt dahinter, hinter der Oberfläche und das spürt man.
Natasha Brown hat einen Roman erschaffen, der so on Point ist, der die Schnauze in den eigenen Urin drückt und sagt: „Schau, was du getan hast“, ohne diese Worte zu benutzen. Er zeigt die Ignoranz der Menschen, die sich ihrer Privilegien nicht bewusst sind und die ihren Hass und Neid auf die Falschen lenken, weil das schon immer so war und weil es einfacher ist, so weiterzumachen. Und ich kann die Müdigkeit der Protagonistin verstehen, die es einfach irgendwann Leid ist.
Bitte lesen und darüber nachdenken!