Schmerz und Poesie

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sally030 Avatar

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Natasha Browns Debütroman „Zusammenkunft“ nimmt uns mit in eine bedrückende Welt voller Anstrengung und Anpassung. Der Text wird geschildert aus der Perspektive einer erfolgreichen, zielstrebigen Frau, die es beruflich bis nach oben geschafft hat. Auch privat scheint es gut zu laufen. Sie hat einen Freund, der aus einer wohlhabenden Familie kommt. Als sie zu einer Familienfeier übers Wochenende eingeladen wird, stellt sich die Protagonistin immer wieder der Frage, inwieweit diese Welt des alten Geldes mit der ihren zusammenpasst. Weiterhin geht es um britische Kolonialgeschichte und darum, wie sie als Schwarze Frau in einer weißen, männlich dominierten Welt am Arbeitsplatz wahrgenommen und behandelt wird. In kurzen, teilweise schockierenden Fragmenten werden diese Situationen eindringlich beschrieben, sodass man sich als Leser:in ständig fragt: Wie kann das sein?

Hinzu kommt der außergewöhnliche Stil der Autorin. Ich habe eine Zeit lang gebraucht, um mich darauf einzulassen, vielleicht auch, weil ich lange nichts Vergleichbares mehr gelesen habe. Nach einigen Seiten habe ich die Lektüre aber sehr genießen können, weil diese Art zu schreiben etwas sehr Poetisches an sich hat und starke Gefühle in mir ausgelöst hat. Trotz der Einbringung von Anekdoten und sprachlichen Bildern in den Text hat mir der rote Faden nicht gefehlt.

Ich muss dazu schreiben, dass ich das Buch nur aus der Sicht einer weißen Person bewerten kann. Ich kann also nur versuchen, den Schmerz von BIPoC zu verstehen, ich werde ihn jedoch niemals am eigenen Körper (und Verstand) spüren. Es ist umso wichtiger, dass wir nicht aufhören, uns mit genau diesem Schmerz zu beschäftigen. Durch Natasha Browns „Zusammenkunft“ konnte ich eine Perspektive einnehmen, für die ich sehr dankbar bin. Ich bin sehr beeindruckt von diesem Buch und würde es auf jeden Fall weiterempfehlen.