Schwierig

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justm. Avatar

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Es fällt mir schwer Worte zu Natasha Browns Debut "Zusammenkunft" zu finden.
Das liegt zum Einen an der Thematik und zum Anderen daran, daß ich mich mit der Protagonistin, die autobiographische Züge zu haben scheint, nicht identifizieren kann.
Als Nicht-POC kenne ich die beschriebenen Erlebnisse nur aus Film, Fernsehen und den Nachrichten; mußte sie aber nie am eigenen Leib erfahren.

Natürlich bin ich mir aber, der hier beschriebenen Problematik(en) bewußt und ich denke, daß das ein Problem dieses Buches ist:
Es kann noch so gut sein (und darüber läßt sich streiten), die Leute, die es lesen MÜßTEN, werden es nicht tun.

Wie eben schon angedeutet, läßt sich - im Gegensatz zur Wichtigkeit der Thematik des Buches - über die Qualität dessen streiten:
Allein Browns Schreibstil wird Einigen, trotz der Kürze von nur etwas mehr als 100 Seiten, so manches abverlangen: Die (ab)gebrochenen Teilstücke von Gedanken und Handlungen, die ein Bild ergeben sollen, fordern vom Leser nun mal Konzentration, ein wenig Wissen über Geschichte, Politik und Weltgeschehen.
(In dem Zusammenhang finde ich übrigens auch, daß es der doppeldeutige Originaltitel "Assembly" (zu deutsch: Montage, Versammlung oder Zusammenbau) wesentlich besser trifft als das deutsche "Begegnung".)

Neben (Alltags-)Rassismus begegnet die namenlose Hauptfigur auch Misogynie; die unterschwellig noch immer durchscheinende britische Kolonial-Politik tut ihr übriges. Der Kampf mit alldem scheint letzten Endes seinen Tribut von ihrem Körper zu verlangen und so ist die Krebs-Diagnose gleichzeitig schockierend und doch wenig überraschend.
Im Hinblick auf die Gesamtsituation wenig verwunderlich, aber nachvollziehbar, erscheint dann auch die daraufhin folgende Entscheidung der Protagonistin. Irgendwann will man nicht mehr kämpfen, wenn klar ist, daß sich die Welt doch niemals ändert.

"Begegnungen" mag, vielleicht auch daher, für einige Leser*innen eine Offenbarung sein.
Für mich ist es am Ende lediglich eine Geschichte in interessanter Erzählweise, deren Tragik sich im Oberklasse-Milieu, in der sie spielt, und im Rausch der, wenn auch hart erarbeiteten, Vorteile irgendwie verliert. Schade!

2,5 Sterne