Wuchtig und experimentell

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babsi_00 Avatar

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Natasha Browns “Zusammenkunft” beschreibt gekonnt das vom Rassismus, Klassismus und Sexismus geprägte Leben einer schwarzen britischen Frau. Die namenlose Ich-Erzählerin arbeitet in einer Londoner Großbank und kämpft um den Aufstieg auf der Vermögens- und Karriereleiter. Nur um festzustellen, dass trotz ihrer Anstrengungen all die Niederlagen und Erfolge mit ihrer Herkunft und Hautfarbe verbunden zu sein scheinen und die geforderten Anpassungen zur Entfremdung führen. Als sie eine Krebsdiagnose erhält, sieht die Erzählerin die Chance auf Selbstbestimmung.

Auf gerade mal 114 Seiten und mit wenig Handlung veranschaulicht Brown, wie Menschen die Protagonistin benutzen, um ihre eigene moralischen Überlegenheit zu verdeutlichen und welche Lügen in Großbritannien über die Kolonialvergangenheit erzählt werden. Durch die inneren Monologe und Gedanken der Ich-Erzählerin bekommt der fiktionale Plot eine eassyhaften Qualität. Besonders die ästhetische, fragmentarische Form und die messerscharfe Sprache, in der kein Satz zu viel ist, haben mich nachhaltig beeindruckt.

Die Eindringlichkeit, die Natasha Brown mit ihrer experimentellen Komposition erreicht, findet sich auch in der Übersetzung von Jackie Thomae wieder. Vielen lieben Dank für das schmale aber wuchtige Buch!