Zu experimentell, dennoch in gewisser Weise poetisch und intelligent

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jojo_95 Avatar

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Ich weiß nicht wirklich wie ich anfangen soll, da mich dieses Buch sehr zwiespältig zurück gelassen hat und ich mir bis jetzt noch nicht hundertprozentig sicher bin, was ich davon halten soll. Ich würde sagen, dass es sich bei „Zusammenkunft“ von Natasha Brown um keinen Roman im klassischen Sinnen handelt und er auch trotz der geringen Anzahl an Seiten absolut nicht leicht zu lesen ist. Wer sich für dieses Werk entscheidet sollte sich darüber im Klaren sein und bereit sein auch etwas mehr Zeit ins Lesen und ins anschließende darüber Nachdenken zu investieren.
Für mich war das Buch an sich etwas zu durcheinander, da es keinen wirklichen Plot gab, es waren meiner Meinung nach eher sehr starke Momente/Szenen die für sich alleine stehend sehr gelungen waren und den Leser*innen zwar viel auf einmal aber dennoch dieses prägnant mitteilen und auf Themen wie Rassismus, Sexismus, soziale Ungerechtigkeiten & Ungleichheiten, Identifikation, Diversität, Kolonisierung, Aufstiegstraumata, etc. hinweisen. Für mich hatte es daher oft den Anschein gemacht, dass das Buch an dieser Stelle einfach zu viel wollte, obwohl die Idee dahinter eigentlich ganz gut zu sein scheint. Auch der Schreibstil an sich passt sich den vorangegangenen Ausführungen an, genauso wie die Aufmachung des gesamten Buches. Denn auch diese beiden Dinge würde ich als experimentell beschreiben. Beide sind an sich sehr intelligent und dennoch poetisch gewählt und bringen einen dazu über die gelesenen Momente nachzudenken und sorgen dafür, dass man sich nicht nur gerne durchdringende Zitate anstreicht, sondern auch über das Lesen hinaus mit diesem Buch/dem Gelesenen auseinanderzusetzen.
Der Roman erzählt eine Geschichte einer weiblichen afrobritischen Protagonistin, die hart an ihrer Karriere arbeitet, dafür aber nicht wirklich Anerkennung bekommt und die meiste Zeit über auf ihre Hautfarbe, ihr Herkunft, ihr Geschlecht reduziert wird und ihr Karriereaufstieg nicht mit ihren Erfolgen und ihrem Können begründet ist, sondern auf die Förderung von Diversität zurückgeführt wird. Auch wird hier auf die tägliche Auseinandersetzung und Begegnung, sei es auf der Arbeit, im privaten Umfeld, im Krankenhaus, etc., mit Rassismus, Sexismus, Kapitalismus, Identifikation, Diversität, soziale Ungerechtigkeit & Ungleichheit, den Folgen der Kolonisierung & der Sklaverei und Aufstiegstraumata aufmerksam gemacht. Die Protagonistin ist täglich am Kämpfen und berichtet eben von diesen Kämpfen im sprunghaften aber dennoch poetisch, intelligent und prägnant erzählten Momenten/Szenen/Sequenzen.
Hier wird also sehr viel, sehr komprimiert und für mich etwas zu experimentell all das eben beschrieben erzählt. Für meinen Geschmack hätten dem Buch noch ein paar Seiten mehr gutgetan.
Ich würde das Buch als zu experimentell und zu knapp und dennoch als poetisch, intelligent und prägnant beschreiben. Wer gerne solche experimentellen Werke liest und bereit ist sich auf diese Reise einzulassen der wird sicherlich seine Freude daran haben.