Zwischen Hamburg, Köln und San Remo

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jackolino Avatar

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Es handelt sich um eine Trilogie und wir sind hier beim zweiten Teil. Ich kenne den ersten Teil nicht.
Carmen Korn erzählt die Geschichte dreier Familien, die verwandtschaftlich miteinander verbunden sind. Eine lebt in Hamburg, eine in Köln und die dritte in San Remo. Das Buch beginnt 1960 und erzählt die Geschichte der Familien bis 1969.
In den Ereignissen um die Familien sind die Erlebnisse während des Krieges auch 1960 noch ein wichtiges Thema. Menschlich hat der Krieg viele Spuren hinterlassen, Joachim kam erst nach 9 Jahren aus russischer Gefangenschaft nach Hause und musste sich damit abfinden, dass seine Frau nicht mehr mit seiner Wiederkehr gerechnet hatte und sich einem anderen zugewendet hatte. Pips wurde von der Gestapo gefoltert und verlor nicht nur einen Finger, sondern erlitt auch so schwere Verletzungen, dass ihm eine sexuelle Beziehung nicht realisierbar erscheint.

Die überschäumende Freude und Unbekümmertheit, die das Cover verbreitet, findet sich so im Buch nicht wieder.

Es sind auch weniger die ganz Jungen, die die Hauptrolle im Buch spielen, sondern die ältere Generation der um 1900 Geborenen. Sie halten ihre Familien zusammen und die Fäden noch weitgehend in der Hand. Das Dolce Vita spielt eher eine untergeordnete Rolle und wenn, dann eher bei denen, die auch noch nebenbei in krumme Geschäfte verwickelt sind (Lucio in San Remo).
Das Leben ist von den alltäglichen Sorgen und Kümmernissen geprägt, Kurt sorgt sich um seine Frau, die zunehmend ängstlicher wird und das Haus kaum mehr verlassen will. Ursel und Joachim freuen sich zwar über ihr Kind Henrike, aber über Joachim schwebt immer eine gewisse Traurigkeit und Ursel scheint nicht über den Verlust ihres ersten Mannes hinweg zu kommen.
In San Remo gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Bruno und seinem Bruder Bixio, der sich in krumme Geschäfte hat verwickeln lassen und dabei viel Geld verloren hat.
Die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der 60er Jahre werden zwar erwähnt (Mauerbau in Berlin, Ermordung Kennedys, Rückzug Adenauers aus dem politischen Leben, Mondlandung), spielen aber nicht in die Leben der Familien hinein. Lediglich die zunehmende Motorisierung – selbst Kurt macht noch den Führerschein – betrifft auch unsere Protagonisten. Ferien macht man immer noch bei Verwandten, Wohnungsknappheit wird dadurch überwunden, dass man sich gegenseitig mit freien Zimmern hilft und Freunde und Verwandte bei sich aufnimmt.

Ich hatte auf den ersten Seiten noch Schwierigkeiten, die einzelnen Familien auseinander zu halten. Es ist schon verwirrend, wenn man von einer Zeile zur anderen von Hamburg nach Köln und nach San Remo wechseln muss. Aber mit der Zeit wird man mit allen Familienmitgliedern bekannt. Und natürlich freut man sich mit ihnen oder leidet auch mit ihnen. Carmen Korn schreibt flüssig, das Buch liest sich gut und es wird nicht langweilig.

Dennoch fand ich ihre Jahrhundert-Trilogie spannender und war noch mehr mit den Charakteren verwoben. Vielleicht waren die Episoden ausführlicher beschrieben und die Wechsel zwischen den Orten und Personen nicht ganz so schnell.

Auf jeden Fall empfiehlt es sich bei der Drei-Städte-Saga, die Reihenfolge einzuhalten und Band 1 zuerst zu lesen. Vieles im zweiten Band greift darauf zurück und meine anfänglichen Orientierungsprobleme waren darauf zurückzuführen.