606

Fesselnd und immer wieder überraschend – ein absoluter Ausnahme-Thriller!

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smartie11 Avatar

Von

„Die Ungeheuer waren frei. Alle. Hinausgewandert in die Weltgeschichte.“ (S. 30)

„Celine seufzte. Sie hatte noch nicht genug Kaffee intus, um mit der ganzen Dramatik klarzukommen: Tote, Schießereien, das Böse, unschuldig Inhaftierte, Elvis-Imitatoren.“ (S. 334)

Meine Meinung:
Dass die Australierin Candice Fox eine Garantin ist für extrem spannende, intelligente Stories ist, hat sie bereits mehrfach bewiesen. Mit „606“ hat sie ihrem bisherigen Schaffen für meinen Geschmack allerdings die Krone aufgesetzt!
Die Justizvollzugsanstalt Pronghorn thront wie eine uneinnehmbare Festung mitten in der lebensfeindlichen Wüste und beherbergt 606 Häftlinge, von einfachen Gaunern bis hin zu brandgefährlichen Serienkillern, Psychopathen und Terroristen – einige davon dem sicheren Tod durch Hinrichtung geweiht. Doch dann nimmt ein Unbekannter einen ganzen Bus voller Familienangehöriger des Gefängnispersonals in Geiselhaft und zwingt die Angestellten, sämtliche Türen und Tore zu öffnen…
Die Grundidee dieser Story ist zündend und weiß von der ersten Seite an zu fesseln. Es beginnt mit Chaos, Panik und Dramatik und fächert sich auf in ein mannigfaltiges Schrecken, verbreitet durch die entflohenen Sträflinge. Der Hauptstrang dreht sich um den zum Tode verurteilten John Kradle, der seine Chance gekommen sieht, endlich seine Unschuld zu beweisen, und die tuoghe Schließerin Celine Osbourne („vorlauter Kampfzwerg“), die sich ihm auf eigene Faust an die Fersen heftet und von ihren inneren Dämonen angetrieben wird. Darum herum platziert die Autorin geschickt weitere Erzählstränge um andere entflohene Häftlinge, die jeder für sich genommen ebenso spannend sind und bei denen man nur raten kann, welcher Strang sich wie entwickelnd wird. Dabei kommt es immer wieder und ganz bis zum Schluss zu unvorhersehbaren Überraschungen – sowohl für die Charaktere, als auch für uns Leser. Manches überlässt Fox dabei der Fantasie ihrer Leser, anderes schildert sie schonungslos und blutig – ein geschickter Balanceakt.
Neben diesem irrsinnig spannenden, Haken schlagenden und intelligenten Plot glänzt dieser Thriller durch seine ausgefeilten und außergewöhnlichen Charaktere. Allen voran natürlich John und Celine, die mir beide von Anfang an durch und durch sympathisch waren – obgleich sie selbst eine innige Fehde pflegen. Aber auch die weiteren Charaktere wissen zu überzeugen und hätten durchaus das Potenzial, Protagonisten in einer eigenen Geschichte zu werden. Faszinierend ist dabei, wie sich Sympathie und Antipathie bei manchen Figuren während der Story ins Gegenteil verkehren, und wie die Autorin „lang vergessene“ Charaktere an neuralgischen Punkten plötzlich wieder aus dem Hut zaubert, ohne dass es konstruiert wirkt. Dazu „garniert“ sie ihre harte Story immer wieder mit kleinen, schon fast liebevoll anmutenden Details, wie etwa dem struppigen Streuner, der sich Kradle anschließt.
Absolut klasse gemacht – in allen Dimensionen!

FAZIT:
Ich weiß nicht, ob es den perfekten Thriller gibt – aber dieser ist auf jeden Fall nahe dran!