606

Rasante, atemlose Jagd mit vielen Finten

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druckdeufel Avatar

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John Kradle sitzt im Todestrakt von Pringshorn, Nevada, verurteilt wegen Mordes an seiner Frau und seinem Sohn. Nichts auf der Welt ist ihm wichtiger, als seine Unschuld zu beweisen und den wahren Täter zu finden. Ganz unerwartet bekommt er eine Chance, als ein Erpresser die Freilassung aller 606 Gefangenen erzwingt.

Sicherlich ist der Titel nicht ganz zufällig, gehört doch 606 zu den Engelszahlen und steht eben für den Engel, der Unterstützung bietet bei der Realisierung eines Wunsches.

Autorin Candice Fox verliert keine Zeit. Der Einstieg ist großartig inszeniert und gnadenlos spannend. Ganz kurz gibt sie Gelegenheit, sich in die Ausgangssituation hinein zu begeben und einigen Charakteren zu begegnen, ehe sie ihre Leserschaft in die Eskalation katapultiert. Eine knallharte Konfrontation, Erpressung, Hilflosigkeit. Die Panik ist absolut nachvollziehbar, die Verzweiflung der Betroffenen direkt zu spüren.
Die Anzahl der Personen ist herausfordernd. Zum Glück sind die Charaktere scharf gezeichnet, mit Ecken und Kanten und vielerlei Kennzeichen. Wirklich sympathisch gerät niemand, im Laufe des Geschehens, unter extremen Bedingungen, erweist sich manche Einschätzung als Trug. Doch das stört nicht, im Gegenteil. Man fährt sich emotional beim Lesen nicht fest, bleibt in alle Richtungen offen, so wie auch die rasante Handlung. Die ist voller Haken und überraschender Wendungen. Manche dieser Wendungen sind allerdings so überraschend, dass es einige Unglaubwürdigkeit zu verzeihen gilt.
Erzählt wird weitgehend chronologisch, eine ganze Reihe paralleler Ereignisse überfluten die Bühne, spielen ineinander, beeinflussen sich gegenseitig. Durchbrochen wird das Ganze von Rückblenden in die Vergangenheit der Hauptpersonen. Damit werden nachträglich Erklärungen aufgebaut, Tiefen geschaffen.
Im Gegensatz zu etlichen anderen fesselt dieser Thriller nicht durch Grausamkeiten, auch wenn es durchaus blutige Szenen gibt. Vielmehr sind es die Besessenheit, die Dringlichkeit, die Atemlosigkeit, mit der John Kradle sein Ziel verfolgt, und die Umstände, die ihn davon abzubringen versuchen, die dafür sorgen, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann.