"Dies hatte Stil"

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anman1 Avatar

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Die letzten Worte dieses Buches lauten: "Dies hatte Stil." Und im Rückblick muss ich das auch über "Ab morgen wird alles anders" sagen.

Ich habe eigentlich nach zwei Monaten nicht mehr damit gerechnet, dass ich dieses Buch noch bekommen würde. Jetzt bin ich aber umso glücklicher, diesen Erzählungen in den Händen gehalten und auch gelesen zu haben.

Es steckt voller Rätsel, genauso stellt es die richtigen Fragen.

Das Buch von Anna Gavalda enthält fünf mehr oder weniger unterschiedliche Geschichten, auf deren Inhalt ich nicht näher eingehen will. Jeder sollte sich unbefangen einen Eindruck davon machen können, nur eins fällt auf:
Das übergreifende Thema ist Liebe und Hoffnung.
Es geht um die Wendepunkte im Leben.
Es geht darum, wie man das Leben meistert, was einem Hoffnung gibt, welchen Raum die Liebe im Leben einnimmt (egal zu was oder wem).
Meinem Gefühl nach sind die Geschichten oft nicht linear erzählt; oder vielleicht besser ausgedrückt:
Als Leser hatte ich manchmal (wirklich, nur manchmal) das Gefühl, dass mir die Geschichte aus den Händen gleitet und ich den roten Faden verliere.
Manchmal musste ich mir die Sätze auch zwei- oder dreimal durchlesen und sie mir nochmal durch den Kopf gehen lassen, damit ich sie in ihrer Tragweite überhaupt verstand und begriff, so ungewöhnlich sind sie formuliert.
Gavaldas Sprachstil reicht dabei von kurzen, knappen und syntaktisch eigentlich unvollständigen Sätzen bis hin zu gigantischen Satzgebäuden, die man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen muss.
"Ab morgen wird alles anders" steckt voller langer, verschachtelter Sätze, eine philosophische Lebensweisheit nach der anderen. Anna Gavalda, so scheint es mir auch der Fall zu sein, liebt lange, lange Aufzählungen. Diese sind teilweise sehr inspirierend und regen zum Nachdenken an. Ganz besonders fällt diese Technik bei der Geschichte "Yann" auf (siehe z. B. Seiten 218 - 220 und Seiten 222 - 223). Und die Poetik kommt ganz sicher nicht zu kurz (wofür auch ich, nebenbei bemerkt, immer ein Herz hatte). Anna Gavalda gebraucht viele kunstfertige, sprachliche Mittel, was mich wirklich beeindruckt!
Meines Erachtens verstärkt dies, was ich bisher in einem Prosawerk noch nicht erlebt habe, die Gefühle der Protagonisten (Hauptfiguren und gerade auch den Ich-Erzähler) treten extrem stark in den Vordergrund. Sie bekommen sehr viel Raum, ausgedrückt zu werden und sich zu entwickeln.

"Ab morgen wird alles anders" kann aber auch richtig witzig und lustig sein, was zeigt, dass sich dieses Werk selbst nicht zu ernst nimmt bzw. sich auch auf's Korn nehmen kann.

Aus den Geschichten ragen ab und zu, eigentlich sogar losgelöst von der übrigen Geschichte, fortschrittskritische, oder besser: moderne-Medien-kritische, Passagen hervor, die ich persönlich sehr interessant und intelligent finde. Meiner Meinung nach haben sie einen wahren Kern.

Auf die Frage "Was soll das Ganze denn noch?" antwortet dieses Buch klar und deutlich: "Die Hoffnung stirbt zuletzt! Gib nicht auf und glaube daan, dass jeder das Glück finden kann!"
Es stimmt, was auf dem Schutzumschlag dieses Buches steht:
Es gibt immer Grund zur Hoffnung, in irgendeiner Weise, in allen Lebenslagen.

Wenn Sätze fallen wie: "'Denn, wissen Sie... wir müssen alle sterben, Mélanie, alle... Eines Tages müssen wir alle sterben'" (Seite 233) und "'Man kann vor lauter Höflichkeit auch sein Leben verpassen'" (Seite 235), dann bin ich ganz ergriffen und dann merke ich, dass dieses Buch wirklich Wahres ausspricht. Und dann sind da auch die Momente, in denen ich merke, wie froh ich bin, dieses Buch doch noch (nach zwei Monaten) erhalten zu haben. Es ist ein echter Schatz!
Es spricht die essentiellen Themen an!
Es ist einfach phantastisch!
Genau wie dieses Buch Geschichten von verschiedene Wendepunkten im Leben berichtet, so stellt dieses Buch für mich selbst einen solchen Wendepunkt dar. Es gibt ein davor und ein danach!

Grandios!