Von mitreißend und sympathisch bis hin zu chaotisch und ruppig

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adel69 Avatar

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Das Buch „Zusammen ist man weniger allein“ der französischen Schriftstellerin Anna Gavalda hat mir überaus gefallen. Deswegen war ich auch angetan, ihren Band mit Erzählungen, der den Titel

==Ab morgen wird alles anders==

zu lesen.

Das Buch bietet fünf Erzählungen aus der Sicht von fünf verschiedenen Ich-Erzählern. Wie ich die Erzählungen finde, liest man jetzt.


==Mein Hund wird sterben==

Jeannot, genannt Jean, ist LKW-Fahrer. Er hatte einen Hund, dem er keinen Namen gab. Der Hund war ausgesetzt worden – und Jean nahm ihn zu sich. Der Hund gab ihm Wärme, Liebe und Freundschaft, nachdem sein Sohn Ludovic gestorben war.

Jean zieht Parallelen zwischen dem Tod seines Sohnes und dem Tod seines Hundes. Wieder muss er ein Lebewesen hergeben.

Der Hund war ein treuer und guter Gefährte. Er wohnte mit Jean im Keller, nachdem seine Frau ausgerastet war und penibelst die Wohnung und das Haus reinigte. Und wenn Jean seinen LKW fuhr, saß der Hund neben ihm.

Für mich ist das die beste Erzählung in diesem ganzen Buch. Mitreißend, berührend, nachdenklich machend. Und auch der Schluss ist wunderschön.


==Mathilde==

Mathilde ist 28 Jahre alt. Sie studiert in Paris und wohnt mit zwei Frauen im ähnlichen Alter in einer WG.

Eines Tages verliert sie ihre Handtasche. 1.000 Euro befinden sich darin. Mathilde sorgt sich, sie rechnet nicht damit, die Handtasche mit Geld und dem restlichen Inhalt wieder zu bekommen.

Aber es passiert das Unglaubliche: Ein Mann findet die Tasche. Er trifft sich mit Mathilde und händigt ihr die Tasche aus – vollständig, sogar das Geld ist noch vollzählig. Aber er verschwindet aus ihrem Leben.

Mathilde ist auf einmal versessen darauf, ihn zu finden. Wer ist er, wo wohnt er? Sie erfährt, dass er Koch ist...

Diese Geschichte fand ich äußerst merkwürdig. Mathilde wurde mir – je länger ich die Erzählung las – immer unsympathischer. Ich konnte sie oft nicht verstehen. Sie führt viele innere Monologe, sie denkt über sich nach, sie hat Ängste und sie bedauert. Die Sprache ist salopp und locker – eben zeitgemäß.

Auch den Schluss finde ich merkwürdig. Verglichen aber mit einigen anderen Erzählungen in diesem Buch, finde ich diese befriedigend.


==Meine Kraftpunkte==

Pierre ist Vater und arbeitet auf einer Baustelle. Eines Tages wird er in die Schule zitiert, weil sein Sohn Valentin einem behinderten Mitschüler, namens Maxime, die Reifen des Rollstuhls aufgestochen hat.

Pierre kann zur Versöhnung von Valentin, Maxime und dessen Eltern beitragen, indem er allen zeigt, wie man einen Rollstuhlreifen flickt.

Diese Erzählung hat mir am zweitbesten gefallen. Pierre ist sympathisch, er versucht zu vermitteln. Und er versucht auch, seinen Sohn Valentin zu verstehen. Der Schluss der Geschichte ist überraschend – und man erfährt den wahren Grund, warum Valentin den Rollstuhl von Maxime beschädigte. Wobei ich über diesen Grund schon den Kopf schütteln musste....


==Yann==

Yann ist Student, 26 Jahre alt. Er hat eine schnoddrige Sprache als Ich-Erzähler, an die ich mich erst mal gewöhnen muss.

Yann denkt über sich und sein Leben nach. Die Geschichte wirkt chaotisch und konfus. Ich vermisse den „roten Faden“ - also eine Haupthandlung, die mich mitreißt. Eine Handlung, die mir klar macht, worauf diese Erzählung hinaus will.

Yann macht dies und das. Einmal trifft er Alice. Alice, die reich und attraktiv ist. Ein anderes Mal ist Yann Vertreter einer koreanischen Firma.

Wäre das ein Roman, hätte ich ihn nach 60 Seiten weggelegt. Die circa 100 Seiten umfassende Erzählung habe ich ganz gelesen, aber irgendein Funke sprang auf mich nicht über. Obwohl ich Yann sympathisch finde.


==Minnesang==

Ludmilla arbeitet in einem Laden, der Tiere und alles, was ein Tier braucht, verkauft. An den Wochenenden besucht sie ihre Schwester, die Familie hat.

Ludmilla selbst ist noch nie auf die Idee gekommen, nach einem Partner fürs Leben zu suchen.

An einem Abend geht sie aus. Nachdem sie einen Mann getroffen hat, dessen Katze sie interessiert, trifft sie einen Dichter, der mit ihr ins Bett will....

Auch diese Erzählung finde ich überaus merkwürdig. Ludmilla ist zwar sympathisch, auch wenn sie einen rauen, ruppigen, ordinären Ton hat. Und die Idee, dass sie einen Dichter trifft, der Gedichte oder Lieder zitiert, ist originell. Der Schluss überrascht und passt zu der Geschichte.

Dennoch bleibt diese Erzählung für mich mittelprächtig, was eindeutig an der recht ordinären Sprache liegt.


==Mein Fazit==

In dem Buch „Ab morgen wird alles anders“ von Anna Gavalda lerne ich in fünf Erzählungen fünf verschiedene Menschen mit fünf verschiedenen Schicksalen und Problemen kennen.

Zwei Erzählungen gefallen mir überaus gut, sie konnten mich von der Thematik her mitreißen und packen. Zwei Erzählungen finde ich mittelmäßig – und eine Erzählung mag ich überhaupt nicht, auch wenn der Hauptcharakter sympathisch ist.

Ich vergebe diesem Buch drei Sterne.