Zwischen Berliner Platte und Hollywood Glamour

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Wanda lebt im tristen Berliner Plattenbau nahe dem Alexanderplatz, ist alleinerziehend und träumt davon, es endlich raus zu schaffen. Sie schleppt sich von einem Casting zum nächsten, der große Durchbruch als Schauspielerin bleibt bisher aus. Doch dann bekommt sie endlich die Zusage für eine Rolle und darf Hollywood-Luft schnuppern.

„Ich brauche keinen Moët. Ich trinke Cola aus der Zweiliterflasche und schreie mein Glück durch den Hof. Mein Herz rast, und die Motoren auf der Frankfurter bollern und knallen wie Champagnerkorken.“ (S.18)

Doch das Schicksal schlägt während des heißen Sommers zu, als bei ihrer 5-jährigen Tochter Karlie im Krankenhaus eine Hirnhautentzündung diagnostiziert wird. Wandas Leben scheint ein einziges Scheitern zu sein und sie taumelt mindestens genauso stark wie das Hochhaus, in dem sie lebt. Aylins Mama, Esther und Ming sind ihre einzigen Bezugspersonen auf der Platte. Die Sorge um die Tochter treibt Wanda um und das schlechte Gewissen wird zu ihrem ständigen Begleiter. Vom Glamour Hollywoods ist beim Dreh so gar nichts zu spüren, vielmehr nur das knallharte Business. Es gibt keinen Platz für Geldsorgen oder Betreuungsprobleme. Wanda lebt in zwei gegensätzlichen Welten - sie will endlich ernst genommen werden und ihre Träume verwirklichen.

„Ich hatte schon immer nur dieses eine Leben. Keine Doppelhaushälfte, die irgendwann mir gehört. Man vererbt nicht nur Geld, man vererbt auch Armut.“ (S. 168)

„Ich habe keinen Grund mehr, aufzustehen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Plattenbau beim nächsten Windstoß wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt und uns unter sich begräbt. Ich bleibe liegen.“ (S.187)

Ich mochte besonders die feinen und detaillierten Beobachtungen, die teils schroffe und direkte Sprache sowie den kompletten Sound des Buch, der die innere Zerrissenheit und Ängste der Figuren trägt. Sara Gmuer schafft das Porträt eines grauen Zuhauses inmitten eines Großstadtlebens, das für viele von uns so weit vom Glück entfernt scheint wie nur irgendwie möglich. Und für die Bewohner ist es doch genau das - ein Zuhause.

Ein absolut schonungsloser, kraftvoller und einfühlsamer Roman über das Leben im Hochhaus. Ein grandioser Spagat zwischen Berliner Platte und Hollywood Glamour. Habe das Buch sehr gerne gelesen!