Adieu, Sir Merivel - schade, schon zu Ende!

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loewenbaendiger Avatar

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Die schönsten Romane sind doch einfach die, die uns in eine bisher fremde Welt entführen und es auf geheimnisvolle Weise bewirken, dass wir nach kurzer Zeit das Gefühl haben, die Protagonisten selber zu kennen. Genau so ging es mir mit Sir Robert Merivel - er ist mir richtig ans Herz gewachsen. Zwar ist er ein bisschen eitel, und nicht alles, was er in seinem Leben angestellt hat, war nach moralischen Kriterien immer ganz einwandfrei. Aber mit welcher Liebe, Treue und Hingabe hängt er an seiner jungen Tochter Margaret, an seinem König und auch an seinem uralten Diener Will! Immer wieder hadert er mit sich und den äußerst beschränkten Möglichkeiten, die zu dieser Zeit (Ende 17. JH.) einem Arzt zur Verfügung stehen.
Als Tochter Margaret mit Freunden eine längere Reise antritt, fällt Merivel zuhause die Decke auf den Kopf und er macht sich mit einem Empfehlungsschreiben seines Königs auf nach Frankreich. Er will die Wunder der neuen Bauten von Versailles kennenlernen und hofft auf eine ehrenvolle Anstellung als Leibarzt Seiner Majestät des Sonnenkönigs. Dass er im Gewühle von zigtausend Höflingen und Bittstellern nur ein ganz, ganz kleines Licht ist, versetzt seinem Selbstbewusstsein einen schweren Schlag. Nicht mal anständig zu essen gibt es... Was für ein Glück, dass er die kluge und schöne Louise de Flamanville kennenlernt - das scheint ihn zunächst aus seiner aussichtslosen Lage zu befreien. Aber Louise ist verheiratet - leider!
Das Auf und Ab im Leben eines Menschen, der schon allerhand erlebt hat und dem das Leben auch wenig erspart - das hat mir große Freude gemacht beim Lesen. Das ist so himmelweit vom üblichen Kitsch der gängigen historischen Romane entfernt, dass ich spätestens jetzt zu einem großen Fan der Erzählerin Rose Tremain geworden bin. Und ganz bestimmt besorge ich mir alle ihre Romane, die ich noch nicht gelesen habe. Danke!