Buch über eine außergewöhnliche Frau

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lindarabbit Avatar

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Bereits die ersten wenigen Zeilen zeigen, dass dies ein Qualitätsroman ist. Dazu die persönliche Ansprache... "wenn Sie im Jahre 1945...". Ihre Nachbarn in den Cotswolds (UK) wussten wenig über sie, doch sie war die überzeugte Kommunistin Sonja.

Das Buch erzählt die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau (ab der Weimarer Zeit bis in die 50er des letzten Jahrhunderts). Es beruht auf Fakten und berichtet aus der Lebensgeschichte von Ursula Kuczynski. Der Name Jürgen Kuczynski war mir immer ein Begriff und irgendwann hatte ich auch von seiner Schwester gehört.
Die Weimarer Republik – die Kämpfe zwischen rot und braun werden in diesem Buch wieder lebendig. Keine Seite hat der anderen etwas nachgegeben.

In dem, von Bestsellerautor Ben Macintyre verfassten, Buch erfährt man viel zu Ursulas Werdegang (gutbürgerlich, jüdisch), ihrer Familie (sechs Geschwister sind sie), wie sie Kommunistin wurde, wie sie ihren ersten Mann kennenlernte und alle anderen Lebenspartner und Väter ihrer Kinder, ihr Leben mit den Kindern und schließlich dann ihr Werdegang zur Geheimdienst Mitarbeiterin (aus Überzeugung!) Die Einsätze werden beschrieben, auch die Risiken, Ursulas Befindlichkeiten, ihr Engagement, ihre Heißblütigkeit, aber auch ihre Naivität. Sie hat ihr Leben gelebt, mit allen Facetten. Langweilig war es nie!

Ich liebe Lebensgeschichten von starken Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, egal in welche Richtung.

Das Umschlagsbild ist schlicht und einfach, so wie ja auch eine Spionin nicht auffallen sollte. Mit den Flugzeugen, die über die Frau (mit Rad) fliegen, soll die Kriegszeit angedeutet werden. Mit dem Rad fuhr sie immer zu den toten Briefkästen. Bürgerlich wirken, mit Hütchen, im damenhaften Stil der Frauen jener Zeit, so wie es 'Sonja' angeraten wurde. Und natürlich Rot - Kommunismus.

Der Schreibstil ist sehr gut, leicht lesbar, voller Fakten und historischer Begriffe. Natürlich mit viel 'name dropping', Namen bekannter Personen jener Zeit, die das chinesische, das asiatische, das russische, das europäische Leben beeinflussten. Das gehört natürlich dazu bei einem Buch über eine einst real existierende Titelheldin.

Hintergrundfakten:
Da ich einen Kommunisten kenne (bundesweit bekannt, ohne Namensnennung), fragte ich ihn 'kennst Du die Frau, die als Agentin Sonja spionierte, hast Du von ihr gehört?' Und er sagte, ich kannte sie persönlich! Eine sehr eindrückliche Person...Was er auch sagte, "sie hat kritisiert und obwohl sie in der DDR lebte am Ende ihres Lebens, hat sie auch das System kritisiert, war jedoch aufgrunddessen - wer sie war - unantastbar".
Und was die chinesische Situation betrifft – fragte ich gleich eine chinesische Freundin, die nicht mehr aufhören wollte zu dieser Zeit zu sprechen (dagegen ist sie sehr zurückhaltend was die 'Ist – Zeit' betrifft; was Bände spricht).

Empfehlenswert auf jeden Fall – das Buch hat mich sehr beschäftigt, keine einfache Lektüre sondern ein historisches Dokument.