Wahnsinnige Illustrationen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
avid_reader Avatar

Von

Wenn ich Bilderbücher betrachte, muss ich zwei Dinge bewerten, quasi zwei Arten von Texten, die diese enthalten. Der erste Text ist der wirkliche Text, also die Worte, die Geschichte, die erzählt wird. Diese ist in diesem Bilderbuch schon außergewöhnlich. Ein kleiner Junge, der sich nicht traut. Aber anstatt, dass die Eltern oder andere ihn dazu zwingen, auf Kostümparties zu gehen, oder andere Dinge zu tun, akzeptieren sie dies und zeigen ihm, dass sie ihn auch so lieben. Diese Message ist grundsätzlich mal eine, die sowohl Kindern in ähnlichen Situationen als auch Eltern gut tut. Kinder sehen, dass "Angst haben" sehr wohl normal ist - denn in vielen Büchern geht es um mutige, freche Kinder und eben nicht um die, die sich viele Sorgen machen. Ich habe in einigen anderen Rezensionen - auch international ist das Buch ja sehr anerkannt - gelesen, dass viele Alfie als "Autisten" diagnostizieren oder ihn mit "Anxiety" in Verbindung bringen. Diesen Eindruck hatte ich beim ersten Lesen tatsächlich gar nicht. Ich konnte mich sehr gut in Alfie hineinversetzen, auch ich mache mir sehr oft Gedanken und das war auch schon als Kind so. Die schlaflosen Nächte vor Auftritten und die große Nervosität vorher waren auch mir bekannt.
Dennoch fehlt mir bei der Geschichte das "Happy End". Es gibt zwar einen kleinen Ausblick, aber es hätte mich gefreut zu sehen, dass der Clownfisch ihm vielleicht den kleinen Stupser gegeben hat, im nächsten Jahr zu der Party zu gehen - ohne Zwang von außen, sondern weil er es gerne möchte.
Dies ist tatsächlich der einzige Kritikpunkt an der Geschichte. Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass sich im Gespräch mit Kindern, denen es ähnlich geht wie Alfie, gemeinsam Ideen gefunden werden können, wie die Geschichte weitergeht und auch, was Alfie vielleicht dann erlebt auf einem Kostümfest.
Für Kinder, die eher forsch durchs Leben gehen und vielleicht noch nie in dieser Situation waren, kann das Buch Empathie vermitteln und einen Perspektivwechsel fordern.

Nun zum zweiten Text, den es zu beachten gibt: Die Bilder. Nicht umsonst fängt das Wort Bilderbuch mit "Bilder" an und erst dann kommt "Buch". Die Bilder sind es, die die Geschichte vorantragen. Es handelt sich hier um ein paralleles Buch, das heißt, die Bilder geben das wieder, was der Text auch erzählt, erweitern das Ganze aber und bieten dem Leser die Möglichkeit, sich Alfies Innenleben sehr graphisch vorzustellen.
Besonders beeindruckt hat mich das Farbschema des Buches. Die dunkelblaue Farbe, die sich auf jeder Seite findet, verleiht dem Ganzen etwas Edles und die anderen Farben passen sich sehr gut an, so dass ein angenehmes Gesamtbild entsteht, in dem das Blau ganz klar im Vordergrund steht.
Durch die großflächige bildliche Gestaltung bekommt der recht kurze Text eine wunderbare Ergänzung.

Die Kombi aus Text, Message und Bild macht diese Bilderbuch zu einem echten Hingucker und ich kann verstehen, wieso es in Australien einen Preis gewonnen hat!