Anders als erwartet

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
lunamonique Avatar

Von

„Dieses Buch widme ich den Unproduktiven, den Kindern, den Ausgehungerten, den Träumern, den Nudelessern und „Niedergeschlagenen“.“ „Als der Teufel aus dem Badezimmer kam“ von Autorin Sophie Divry erinnert an das berühmte Ölgemälde „Der arme Poet“ von Carl Spitzweg.

Sophie steht als Langzeitarbeitslose das Wasser bis zum Hals. Das Geld geht aus, der Monat ist noch lang und Rechnungen trudeln ein. Ein bürokratisches Debakel verschärft ihre Misere. Als einzige Rettung erweist sich die gutherzige Bertrande, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, notleidenden Menschen zu helfen. Aber auch ihre Essenseinladung ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

„Ein Improvisationsroman voller Unterbrechungen und ohne Anspruch auf Tiefgang.“. Widmung und Hinweis machen die Autorin sympathisch. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht der Autorin/Hauptfigur erzählt. Sophie schreibt über Geldprobleme, alltägliche Hürden, die viele Künstler am Beginn ihrer Laufbahn (und oft auch noch später) beschäftigen. Ausbleibende Aufträge als freie Mitarbeiterin bei einer Tageszeitung bringen Sophie in eine prekäre Lage. Der Kühlschrank ist meistens leer. Hunger, Selbstmitleid und Zweifel quälen Sophie. Ihr persönlicher Dämon Lorchus, mit seinen haarsträubenden Vorschlägen zur Problembeseitigung, macht ihr das Leben auch nicht gerade leichter. Die alte Dame Bertrande mit ihrer aufopfernden Art hinterlässt bleibenden Eindruck. Nicht ganz nachzuvollziehen ist, warum sich Sophie in ihrer Notlage nicht an Familie, Freunde oder Hilfsinstitutionen wendet. Gibt es ihren besten Kumpel Hector wirklich? Dass er plötzlich im Badezimmer mit Sophies Dämon spricht, lässt Fragen aufkommen. Auch die Gedanken-Kommentare von Sophies Mutter kommen anscheinend aus heiterem Himmel. Eine konfuse Aufzählung setzt den Gemütszustand der Hauptfigur in Szene. Auf den ersten über hundert Seiten stellt sich schnell die Frage wo Sophies Energie und Kampfeswillen bleibt. Ihre Erlebnisse lassen sich gut nachvollziehen, die Hürden und Tiefpunkte, die es zu überwinden gilt. Manchmal möchte man sie schütteln und wachrütteln. Klar scheint, dass die Wende zum ultimativen Glück kurz bevorsteht. Immer auffälliger wird die Buchgestaltung mit der Typografie in Bewegung, fetter Schrift, Zeichen und Bildern. Ein Highlight ist die Geschichte für Kinder „Der Konsonantenfresser“. Im letzten Buchdrittel geht es beim Thema „Vorurteile“ ernsthaft zur Sache. Nicht so richtig zufriedenstellend ist das Ende. Es kommt irgendwie auch etwas plötzlich. Schräg wird’s im anschließenden Bonusteil. Mit dem Exposé gelingt die Kurve zum passenden Ausklang.

Cover und Titel stimmen auf eine humorvolle Geschichte ein. Der rote Hintergrund und die Teufelshörner fallen ins Auge. Die hochgeschraubten Erwartungen kann „Als der Teufel aus dem Badezimmer kam“ nicht ganz erfüllen. In vielem, was Sophie erlebt, wird sich aber der ein oder andere wiederfinden. Das Buch hätte mehr Mut machen können. Unterhaltungswert hat es allemal. Ironie und Humor kommen an.