Eine mystische Welt

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heroemil Avatar

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Das Cover gefällt mir außerordentlich gut. Der stolze Hahn als Sinnbild für Kampflust und Ankündigung eines neuen Tages. Zutreffend für die Zeit, als die Menschen noch an Wunder glaubten.
Die Geschichte:
Ein kleines abgeschiedenes Dorf irgendwo in einem norddeutschen Moor. Der Krieg ist vorbei, doch die Männer des Dorfes sind noch nicht alle zurück. Einige sind gefallen, andere noch in der Kriegsgefangenschaft. Nach und nach kommen sie teils verkrüppelt und traumatisiert wieder zurück. Die Frauen haben unterdessen versucht, das Leben zu meistern. So auch Anni und Edith. Betty, Anni`s Tochter wird zur eigentlichen Hauptfigur des Romans. Sie erlebt die ganze Geschichte von der Kindheit bis ins hohe Alter als Beobachterin der Geschehnisse.
Die Geschichte handelt von Einsamkeit, Freundschaften, Feindschaften und vom Übersinnlichen, das die Menschen zu Wunderheilern treibt, weil sie allesamt den Glauben an Gott und die Welt verloren haben. Letztendlich auch die Einflüsse, die die einstigen Freundschaften von Edith und Anni auseinanderbringen.
Es ist aber auch eine Geschichte vom Fortschritt, der unaufhaltsam alles einebnet und zerstört, was einmal Grundlage des Lebens war.

Die Autorin hat es wunderbar verstanden, die Verhältnisse der damaligen Zeit wiederzugeben. Das karge, entbehrungsreiche Leben und die Einsamkeit im Moor. Da werden alte und sonderbare Frauen zu Hexen und dominante Männer zu Wunderheilern. Der Roman spiegelt eine Zeit wieder, die von großer Depression geprägt war und wo Menschen mystische Erklärungen für Unergründliches fanden.
Besonders schön fand ich das freundschaftliche Verhältnis von Betty und der wundersamen Guste. „Als wir an Wunder glaubten“ ist aber auch ein Buch, das das Grauen des Krieges deutlich macht. Besonders die Geschichte von Josef, der sich ohne Beine auf den Weg in seine Heimat macht und erst dort seine Identität wiedererlangt, fand ich sehr bewegend. Damit wird das Buch von Helga Bürster zu einem Antikriegsroman in einer besonderen Sprache.
Fazit:
Der Schreibstil des Buches ist flüssig und die einzelnen Kapitel sind übersichtlich gegliedert. Das Buch hat mich sehr berührt, weil es die Gefühle einer Generation zwischen Trauma und Hoffnung widerspiegelt.