Fauler Zauber

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
hurmelchen Avatar

Von

Der Titel des neuen Romans von Helga Bürster - „Als wir an Wunder glaubten“- ist eigentlich sehr schön, doch leider völlig falsch.
Das Wort „Wunder“ impliziert etwas Positives, wie z. B. die Wunder, die Jesus wirkte, die zum Besten der Menschen waren.
In Helga Bürsters Roman nun geht es aber um „Aberglaube“, und der ist eher negativ besetzt. Aber der Reihe nach:
In dem kleinen Dorf Unnenmoor, irgendwo in Schleswig Holstein, hat der Zweite Weltkrieg tiefe Wunden gerissen. Auch mehrere Jahre nach Kriegsende, gelten einige Männer immer noch als vermisst, viele sind gefallen, und dass es in Unnenmoor Zwangsarbeiter gab, die unter ungeklärten Umständen zu Tode kamen, ist etwas, über das man nicht spricht.
Edith und Annie, deren Männer einst befreundet waren und gemeinsam in den Krieg gezogen sind, haben ihre Höfe durch die schwere Zeit gebracht, je ein Kind großgezogen, Ediths Betty und Annies behinderter Sohn Willi, und sind durch ein ähnliches Schicksal verbunden.
Eines Tages kehrt ein Mann zurück, und mit ihm die Probleme.
Die Dorfbewohner glauben zu großen Teilen an Moorgeister und übersinnliche Phänomene und die rothaarige Edith ist schon bald als Hexe verschrien.
Diese Ausgangssituation ist an sich eine schöne Idee, die Umsetzung wird dieser allerdings nicht gerecht.
Die Charaktere bleiben alle auf geradezu erschreckende Weise an der Oberfläche, einzig die alte Guste und die fahrende Händlerin Katie sind originelle Nebenfiguren, doch auch von ihnen erfährt man einfach zu wenig, denn vieles an Handlung wird nur nacherzählt. Wie gerne würde man es aber mit den Personen erleben.
Helga Bürster enthält den LeserInnen auch charakteristische Merkmale ihrer Figuren vor, und so wirken diese alle stereotyp. Man möchte wissen, was die Personen zu dem gemacht hat, was sie sind, aber nichts wird auch nur ansatzweise aufgelöst.
Der Roman beinhaltet auch einfach zu viele große Zeitsprünge. Entwicklungsjahre, die den Figuren fehlen.
Es geht in der Geschichte auch um das Verdrängen von Schuld, um die Zeit des Nationalsozialismus, die mit dem Moor umgegraben wird. Dieser Aspekt, der gerade heute so wichtig ist, wird aber eher verdruckst und nebenbei erzählt .
Es wird zwar die Arbeiter - Baracke erwähnt, der brutale Aufseher, die Dörfler, die einfach zuguckten, wenn Menschen gequält wurden, aber alles leider in einer allzu simplen Erzählweise, die belanglos wirkt.
Schon durch die Verwendung der plattdeutschen Sprache erinnert dieser Roman an „Mittagsstunde“, und sicher hofften die Verleger auf einen ähnlichen Erfolg. Nur leider wirkt das Buch nicht auserzählt, tritt oft auf der Stelle und verliert sich in Moor- Mythen und Gespenstergeschichten.
Das Böse, in der Gestalt des Spökenkiekers Fritz, ist einfach böse. Was fehlt, ist ein charismatischer Charakter, bei dem man versteht, dass andere auf ihn hereinfallen. Aber auch die Bösen sind nur oberflächlich, ja karikaturenhaft gezeichnet.
Was bleibt, ist eine schnell zu lesende Story ohne Tiefe, über das, was Aberglaube und falsche Propheten anrichten können.
Es hätte das Buch der Stunde sein können, aber auch ein Wunder wird aus diesem Buch keinen großen Roman machen können.