Was geschieht mit Sylvia?

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heike lohr Avatar

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Der Thriller „Aroma des Todes“ hat mich in jeder Weise immer wieder überrascht. Gekonnt werden verschiedene Erklärungsmöglichkeiten für die seltsamen Geschehnisse um Sylvia angeboten und schrittweise widerlegt. Denn Anna, Sylvias Mitbewohnerin, ist Krankenschwester und als solche packt sie die berufliche Neugier. Zudem ist es ihr wohlgehütetes Geheimnis, dass Sylvias Vater sie angestellt hat, um über seine Tochter zu wachen. Diese leidet nämlich unter einer dissoziativen Amnesie aufgrund eines traumatischen Schocks. Sie hat einmal aufgrund gewisser Trigger-Reize, ihren Vater mit dem Messer in den Rücken gestochen und danach die Rettung gerufen. Aus diesem Grund leben Vater und Tochter getrennt. Doch Anna überschreitet aus Freundschaft und Sorge um ihre Schutzbefohlene die Grenzen ihres Tätigkeitbereiches und versucht die Akten von Sylvias Psychiater einzusehen.
Gehört es nun zur Heilmethode des Psychiaters, zu dem Sylvia geht, oder zu Hilfestellung des Vaters, als ein Buch auf mysteriöse Weise auftaucht, dessen Verfasserin scheinbar Sylvia ist und deren Leben beschrieben wird?
Spannend in das Geschehen eingeführt mit geschickt eingebauten Wendungen, vielen realistischen Alltagsszenen und auktorialen Einbrüchen, in welchen Personen ihre Gefühle und Gedanken verraten, fesselt dieser Thriller ungemein.
Das "Aroma des Todes" begleitet die Hauptfigur, weil sie unter dem Verschwinden ihres Freundes leidet, von dem sie träumt und halluziniert, er sei tot. In ihren Bildern kommen Andeutungen an Tod und Tote vor. Der Vater der Protagonistin, welche unter ihren Ohnmachtsanfällen und ihren zeitweiligen Gedächtnislücken leidet. kann entweder ein aufopferungsvoller Vater oder ein kontrollierender Familienmensch sein. Wer das Buch einmal in die Hand genommen hat, kommt nicht mehr so leicht davon los und wird unweigerlich in das Geschehen miteingezogen. Sprachlich schön und psychologisch einfühlsam erzählt, wird nach und nach ein Schleier des Familiengeheimnisses nach dem anderen gelöst , und nur Anna kennt am Schluss die wahre Familiengeschichte, als sie am Friedhof ist zusammen mit - wem, das wird allerdings nicht verraten. Wer das wirklich wissen will, muss das Buch selber lesen. Die vielen überraschten Wendungen und das Ende, das trotz allem, was nicht verhindert werden konnte, ein in gewisser Weise positives Ende findet. Dem Autor Jacob Nomus gebührt hohes Lob für die formvollendete Erzähltechnik, welche das Geschehen lebendig und nachvollziehbar darstellt.