Stets gültiger Satz

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sago Avatar

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Der Titel des Romans geht zurück auf eine Geschichte um einen chinesischen Kaiser, der seine Ratgeber beauftragte, ihm einen Satz zu nennen, der unter allen Umständen immer gültig ist. Dieser Satz lautet "Auch das wird vergehen". Für mich birgt er gleichzeitig Hoffnung (in schlimmen Zeiten) als auch allergrößten Schrecken (weil man alles, egal wie sehr geliebt, irgendwann verliert), und ist daher wirklich beeindruckend gewählt. Sehr berührt hat mich auch die Art, wie die vierzigjährige Ich-Erzählerin Blanca die Trauer um ihre kürzlich verstorbene Mutter schildert. Manches ist so realistisch, dass ich es aus eigenem Erleben kenne, etwa das Gefühl, bei jeder Beerdigung im Grunde innerlich die eigene Mutter erneut zu Grabe zu tragen. Überhaupt alles in diesem kleinen Roman ist unglaublich feinsinnig, fast sezierend, beobachtet und eloquent geschildert.
Für Blanca ist das Gegenteil des Todes nicht das Leben, sondern Sex. Sie kennt leider nur dieses eine Mittel, um die Trauer zu verarbeiten. Überhaupt gibt es sehr viele Männer in ihrem Leben, zwei Ex-Ehemänner, von denen sie mit einem noch sexuell verkehrt trotz dessen neuer Beziehung, einen verheirateten Liebhaber und unzählige Flirtpartner, nach denen sie in der flirrenden Hitze Spaniens unaufhörlich auf der Suche ist. Blanca führt ein unglaublich priviligiertes Leben. Um ihre beiden Söhne kümmert sich eine Kinderfrau, obwohl man nicht erfährt, dass sie selbst je gearbeitet hätte. Ihrer Trauer kann sie sich im wunderbaren Strandhaus der Mutter so richtig hingeben. Um den Haushalt kümmert sich eine Freundin. Als diese ihr vorwirft, Blanca täte nichts anderes als von Zinsen zu leben, hatte ich großes Verständnis für diese Freundin, zumal sie - nicht ganz unberechtigt - das Gefühl hatte, dass die bekiffte Blanca nun sogar mit ihrem Freund anbandeln wollte.
Trotz allem Mitempfinden mit Blancas Trauer gewann ich daher im Lauf der Geschichte immer mehr Abstand zu ihr als Protagonistin. Wenn der Verlust auch tief empfunden wirkte, erweckte Blanca dennoch auf mich irgendwann einen sehr oberflächlichen und eindimensionalen Eindruck und verlor daher einen Teil meiner Sympathien. Deshalb, und weil das schmale Bändchen vorbeirauschte wie ein Sommertag, reicht es trotz der hervorragenden Stilkunst nur zu vier Sternen.