Eine Frau, eine Stadt

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sapere_aude Avatar

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"Auf der Zunge" ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Text besteht aus kurzen, fast lyrischen Absätzen, die die Empfindungen und Wahrnehmungen einer Frau auf ihrem Spaziergang durch New York sehr bildhaft ausdrücken. Die Ehe der Frau ist kaputt, sie arbeitet in einer Bibliothek und lebt in Büchern. Auf ihrem Weg trifft sie Männer, spürt, riecht, fühlt Männer, stellt sich vor, was wäre und wenn sie weitergeht, nimmt sie etwas mit.
Der Roman spielt in New York und die Stadt ist die zweite Hauptfigur: Ihre Parks, Straßenecken, Statuen und Inschriften, ihre diversen Bewohner und ihre Feuerleitern durchziehen den Text, geben ihm Kontur und Tiefe.
Die bildhaften Beschreibungen, die das Geschilderte wie im Vorbeigehen entstehen lassen, erschaffen eine Direktheit des Miterlebens und des Flanierens. Es werden immer nur einzelne Details wahrgenommen - die aber oft mit allen Sinnen.
"Auf der Zunge" ist ein ungewöhnlicher, intimer Roman, der durch die Sprache und Bilder überzeugt. Das Innenleben, die Vorstellungen, die Begegnungen der Hauptperson sind dagegen nicht immer anschlussfähig.