Coming-Of-Age mit über 30

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
darcy Avatar

Von

Das Buch spielt auf 3 Zeitebenen; 1988, da ist Tooly 10 Jahre alt; 1999, da ist sie Anfang 20; und schließlich im Jahr 2011. 1988 war Tooly gerade in Bangkok angekommen mit ihrem Vater. Der modernisiert die computertechnischen Angelegenheiten in US-Botschaften rund um den Globus. In jeder Stadt bleibt er nur ein Jahr. So hat Tooly immer genau ein Schuljahr in einer Stadt. Ihr Vater ist ein recht seltsamer Mensch, der sie mit einem Händedruck morgens aufweckt und sie auch ansonsten wenig berührt. 1999 ist Tooly in New York, lebt mit einem Mann names Humphrey zusammen, der ihr Vaterersatz ist. Zwischendurch taucht eine Frau namens Sarah auf. Aber am meisten eingenommen ist Tooly von dem mysteriösen Venn.

Das erste Kapitel beginnt 2011 mit Tooly in ihrer Buchhandlung in Wales. Nach und nach erfahren wir, das sie von ihrem Vater getrennt wurde und sich Humphrey ihrer annahm. Warum und wieso es dazu kam, erfahren wir erst gegen Ende des Buches. Tooly wird von einem Exfreund ausfindig gemacht, der ihr erzählt, sie müsse sofort nach New York kommen, ihr Vater wäre schwer krank. In der Tat spricht ihr Ex von Humphrey. Irgendwie hat Tooly auch den Kontakt zu ihm verloren. Tooly macht sich auf nach New York, um sich endlich dem Rätsel um ihre Vergangenheit zu stellen.

"Aufstieg und Fall großer Mächte" ist ein Buch übers Erwachsenwerden. Tooly ist zwar schon über 30, als sie sich endlich aufmacht, die verwirrende Geschichte ihrer "Entführung" zu enträtseln. Sie muss feststellen, das viele Dinge nicht wirklich so waren, wie sie sie in Erinnerung hat.

Ich empfand das Buch am Anfang als etwas verwirrend. Ihr Vater bleibt mit ihr nirgendwo länger als 1 Jahr und meidet private Kontakte. Eine Mutter gibt es nicht. Später dann lebt sie ohne ihn mit Humphrey. Und welche dubiose Rolle spielt der zwielichtige Venn, den Tooly anhimmelt. Erst nach und nach entwirrt sich das alles auf den drei Zeitebenen. Dabei packt der Autor in jede Zeitebene Geschehnisse und Zeitkolorit aus dem betreffenden Jahr. Auch ein wenig philosophisch wird es gelegentlich, denn Humphrey tut nichts anderes als Lesen und er verwickelt Tooly immer wieder in witzige aber auch tiefgründige Dialoge. Überhaupt ist Humphrey ein wunderbarer Charakter in dieser von exzentrischen Charakteren nur so strotzenden Geschichte. Und bei weitem der liebenswerteste, die anderen Figuren sind zum großen Teil schwierig oder weniger sympathisch. Gerade Tooly war für mich anstrengend. Auch mit über 30 hat sie noch die kindliche Eigenart, sich als Bauchnabel der Welt zu sehen. Sie ist wahrlich kein liebenswerter Charakter, das zeigt sich vor allem später in der 1999-Zeitebene. Gegen Ende des Buches muss sie dann erfahren, das alles nicht so idyllisch und liebenswert-chaotisch war, wie sie dachte, sondern z.T. einfach nur Kalkühl und Egoismus hinter vielen Dingen stand anstelle von echtem Gefühl.

Das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Es hat viele interessante und gute Stellen, aber es erschien mir auch über weite Strecken recht banal, aufgepolstert mit tiefgründigem Zierrart. Das Buch ist angenehm leicht zu lesen, man fragt sich halt lange, was passiert ist und wieso Tooly so lange brauchte, bis sie das alles einmal hinterfragte. Es ist ein phantastische Geschichte mit wenig Bezug zur Realität. Zum Schluss wird alles erklärt und es gibt erhellende Momente, aber im Grunde ist es doch ein Buch, bei dem ich nicht so recht weiß, was der Autor mir da erzählen wollte. Wollte er seine exzentrischen Figuren einfach nur zum Leben erwecken? Geht es um Familie, egal ob man mit ihr verwandt ist oder nicht? Geht es um Bücher und Literatur? Von allem etwas kommt in dem Buch vor. Es ist durchaus nett zu lesen. Mir scheint, das der Autor einfach gerne fabuliert. Die Storyline handelt von Toolys ungewöhnlichem Leben und ihrer misanthropischen Einstellung. Aber irgendwie hat mir etwas gefehlt. Der Funke sprang bei mir nicht über.

"Aufstieg und Fall großer Mächte" ist eins der Bücher, die ich zwar ohne große Anstrengung wegschmökern konnte, mir auch in Erinnerung bleiben wird, mich aber trotzdem unbefriedigt und auch Indiffrent zurücklässt.