Der Dichter sagt: ...

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hesi Avatar

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Tony Rachman siedelt seinen Roman "Aufstieg und Fall großer Mächte" auf drei verschiedenen Zeitebenen an:
• 1988 ist Matilda Zylberberg, genannt Tooly, neun und soeben mit ihrem Vater Paul in Bangkok angekommen.
• 1999 lebt sie mit Humphrey, einem alten Exilrussen, in New York.
• 2011 ist sie Besitzerin von World’s End, einem kleinen Antiquariat in Caergenog, das sie zusammen mit Fogg, ihrem Gehilfen, betreibt.
In Bangkok taucht auf einmal ihre völlig unberechenbare Mutter Sarah auf und wirbelt ihr Leben gehörig durcheinander; in New York gehört es zu ihren Hobbies, sich in fremde Wohnungen einzuschleichen („Ich habe hier mal gewohnt. War jahrelang nicht mehr in New York, aber … ist sicher verrückt, wenn ich mal einen Blick hineinwerfen möchte…“) – und dabei lernt sie den Studenten Duncan kennen; in Caergenog erreicht sie auf einmal eine Nachricht von Duncan, zu dem der Kontakt seit Jahren abgebrochen ist: er will mit ihr über ihren Vater reden. Und dann ist da auch noch Venn, der sie durch all diese Jahre begleitet hat, ob nun als real anwesende Person oder in ihrem Kopf.
Indem Rachman diese Zeitebenen gekonnt gegeneinander schneidet, schafft er gleichzeitig mehrere Spannungsbögen und puzzelt Toolys Lebensweg nach und nach zusammen.
Doch diesen Roman auf seine bloße Handlung zu reduzieren, täte ihm bitter Unrecht: Rachman erzählt von der Komplexität der Welt und den unterschiedlichen Möglichkeiten, ihr zu begegnen – sowohl durch seine verschiedenen und vielschichtigen Figuren als auch durch zahlreiche Zitate aus unterschiedlichsten Büchern. Denn viele seiner Figuren sind Bücherliebhaber, von Literatur über Philosophie bis zur Vogelkunde. Und dann antwortet eine seiner Figuren auf die Frage „Wer ist dieser Dichter, den du ständig zitierst?“: „Es gibt gar keinen Dichter. Wenn ich aber einen Satz beginne mit ‚Der Dichter sagt‘, dann beugen sich die Leute vor und hören zu.“ Diese leise Selbstironie ist einer der vielen Gründe, dieses Buch zu mögen – die anderen entdeckt man am besten selbst!