Ungewöhnlich und eigenwillig

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nicky_g Avatar

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Tooly besitzt in einem kleinen Dorf in Wales einen Buchladen, als sie die Nachricht von einem alten Freund erhält, dass ihr Vater in New York überfallen wurde. Nur handelt es sich dabei nicht um ihren Vater, sondern um einen alten Freund, der sie aufgezogen hat, nachdem sie von ihrem leiblichen Vater entführt wurde, der sie ebenfalls entführt hatte. Langsam blättert sich in Rückblenden Toolys Lebensgeschichte auf, die verwirrend und fesselnd ist. Was ist damals wirklich passiert? Warum hat ihr Vater sie durch die halbe Welt geschleppt? Und warum hat ihre Mutter sie entführt, um sie dann bei Humphrey zu lassen? Und welche Rolle spielt der geheimnisvolle Venn, der ihr Leben am meisten geprägt hat?
Viele Fragen, die der Roman nach und nach beantwortet. Dabei lässt er sich viel Zeit und schwelgt in Erinnerungen, die manchmal abstrus und irreal wirken, aber unterhaltend und nachdenklich sind.
Der Leser begleitet Tooly auf ihrer Reise heute und in der Vergangenheit, die auf mehreren Ebenen stattfindet und in mehreren Ländern. In wenigen Personen wird eine komplette Welt mit ihrer Historie gepackt, die dabei fein umrissen wird. Eingefügt in politische und geschichtliche Ereignisse des 20. Jahrhunderts lernt man nicht nur Tooly kennen, sondern auch ihre Familie und Freunde und deren verschiedenartigen Philosophien, was sowohl das Leben als auch ihre Einstellung gegenüber diesem und anderen Menschen betrifft.
Dabei ist die Geschichte nie oberflächlich, sondern man webt eigenen Erinnerungen mit in die Erzählung ein. Obwohl manche Lebenssituationen befremdlich wirken, kann man sich dem Sog des Buches nicht entziehen und möchte an der Entwicklung von Tooly und ihrer Geschichte teilhaben, die ungewöhnlich ist, weshalb nicht jedermanns Geschmack getroffen werden wird. Aber wenn man sich fallen lässt und durch diesen Roman gleitet, dann kann man unzählige Zitate entdecken, die einem im Gedächtnis bleiben werden.
Der Titel hat mich ein wenig irritiert, da er mir bedeutete, es ginge politischer zu, vor allem mit dem Hinblick auf die unterschiedlichen Zeit- und Ortsebenen (darunter z. B. Bangkok). Ansonsten werde ich das Buch lange im Gedächtnis behalten und einiges daraus mitnehmen, besonders weil es vielen Buchliebhabern aus der Seele sprechen wird. Wie Humphrey sagte: „Bücher sind wie Pilze. Sieht man nicht hin, vermehren sie sich. Ihre Zahl wächst nach Regeln von Zinseszins: Ein Interesse führt zu nächstes Interesse, und das verbindet sich mit drittes Interesse. Und schwups, hast du nicht gesehen, hat man mehr Interesse als Platz im Schrank.“