Ein besonderes Leseereignis

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mrsamy Avatar

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Area X – früher ein Gebiet wie jedes andere, heute ein unfassbares Geheimnis. Vor fast 30 Jahren geschah etwas, was Area X für immer veränderte und seither umgibt eine mysteriöse Grenze jenen unheimlichen Landstrich. Die Organisation Southern Reach hat es sich zur Aufgabe gemacht, Area X zu erforschen, um so hinter das Geheimnis zu kommen, um zu verstehen, was geschehen ist. Als die zwölfte Expedition startet, ist unter dem fünfköpfigen Team auch eine Biologin. Sie hat eine ganz besondere Beziehung zu Area X und glaubt sich durch das monatelange Training durch Southern Reach relativ gut auf ihre Aufgabe (Beobachten und Dokumentieren) vorbereitet. Doch auf Area X kann man nicht vorbereitet sein und schon finden sich die Teammitglieder mit Unfassbarem konfrontiert.

„Auslöschung“ ist der Auftakt der Sothern Reach Triologie von Jeff Vandermeer. Gleich vorweg sei gesagt: es ist kein gewöhnliches Buch – darauf verweisen auch die vielen Rezensionen, die gerade mal einen Stern für „Auslöschung“ vergeben. Der Leser nimmt an den Geschehnissen, die der Biologin wiederfahren nur indirekt teil, denn was er liest, ist ihr Bericht. So müssen die Expeditionsteilnehmer Tagebuch führen, und dort ihre Beobachtungen niederschreiben. Man erfährt auf diese Weise eine Menge über Area X, und doch weiß man oft nicht mehr als vorher. Der Grund dafür liegt auf der Hand: auch die Biologin weiß fast nichts über jenen unheimlichen Landstrich und so beschränkt sie sich meist auf das Mitteilen ihrer Beobachtungen. Manchmal allerdings entsteht der Eindruck, sie wüsste mehr, als sie zugibt – und doch lässt sie den Leser im Dunkel. Dies aber wiederum entspricht ihrem Charakter. Zum einen ist sie nicht gerade gesellig, zum andern schweigt sie gerne. So versteigt man sich als Leser selbst gerne in Vermutungen. Area X wird noch unheimlicher, weil dass, was das Gebiet so fremdartig macht, lange Zeit nicht greifbar, aber trotzdem auf gewisse Art permanent präsent ist. Eine weitere Besonderheit des Buches ist, dass alle Charaktere nur Funktionsbezeichnungen haben, weil in Area X nach der Ansicht von Southern Reach kein Platz für Namen ist – sie gehören der Vergangenheit an. So bleiben die handelnden Personen oft fremd, als Leser bleibt man lange auf Distanz. Doch genau das ist es, was Jeff Vandermeer erreichen will, weil dies den unheimlichen Charakter von Area X noch verstärkt. In vielen Rezensionen wurde oft das Fehlen der Handlung bemängelt, ich kann dem jedoch nur bedingt zustimmen. Das Geschehen kommt natürlich langsam voran, auch, weil sich die Expeditionsteilnehmer zunächst mit dem ihnen unbekannten Gebiet vertraut machen müssen, ihre Schritte sorgsam abwägen. Es sind eben keine Superhelden, die sich sofort in die Gefahr stürzen, sondern Menschen mit Ängsten. Die Handlung entwickelt sich, wenn auch vielleicht langsamer als man das normalerweise gewohnt ist. Kurzum: „Auslöschung“ ist auf seine Weise ein grandioses Werk. Wer sich als Leser jedoch gerne mit den handelnden Personen identifiziert und eine schnell voranschreitende Handlung mag, der sollte lieber die Finger davon lassen. Wer sich aber auf „Auslöschung“ einlässt, der wird nicht enttäuscht werden.