Anfangs stark, am Ende leider enttäuschend!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
cellissima Avatar

Von

Henriette hat ein Kind abgetrieben, das sie von einem verheirateten Mann erwartete. Sie dachte, dass diese Entscheidung einfach und richtig sei - doch sie hat sich gründlich geirrt.

Auch mit ihrer Dissertation kam sie eigentlich noch nie so recht voran, kann und will eigentlich schon lange nicht mehr. So beschließt ihre Freundin Paula, die in vielerlei Hinsicht das komplette Gegenteil Henriettes ist, dass eine Auszeit genau das ist, was Henriette nun braucht.

Die beiden jungen Frauen beziehen eine Hütte in Bayern, tief im Wald. Zunächst tun diese Auszeit, die Natur, die exklusive Zeit zu zweit den beiden auch sehr gut. Dinge ändern und bessern sich, Henriette arbeitet etwa wieder an ihrer Dissertation.

Doch dann quartiert sich auch Paulas Freund Tom in diese Hütte ein - und nichts ist mehr so, wie es zuvor war. Seine Anwesenheit tut weder Henriette, noch Paula, noch ihrer Freundschaft, noch der Beziehung von Paula und Tom gut ...

Der Roman besticht v.a. durch Hannah Lühmann´s klare, nüchterne, eindringliche Sprache. Sie sorgt dafür, dass der Leser schnell tief drin ist in dieser Geschichte. Mitunter war mir diese Sprache allerdings auch zu extrem. Die betreffenden Passagen passten nicht mehr zum Rest, sodass das Werk für mich insgesamt nicht mehr so stimmig wirkte.

Das Ende des Romans ist leider ziemlich schnell, fast schon überstürzt, abgehandelt, v.a. aber absolut unrealistisch. Schade um diese Geschichte, die mir bis dahin sehr gut gefallen hatte!

Gut gefallen hat mir, dass "Auszeit" trotz der geringen Seitenzahl viel Tiefe besitzt, den Leser beschäftigt, er nicht wenige Fragen und Stoff zum Nachdenken bekommt. Es geht wie bei Henriette darum, dass man bei Entscheidungen auf sein Herz und sein Bauchgefühl hören sollte, man sich fragt, was man sich wirklich wünscht, wie das eigene Leben aussehen sollte, wo man Prioritäten setzt, was wirklich wichtig ist, ob man wirklich alles wünschen und beeinflussen kann oder manche Dinge letztlich nicht doch einfach so kommen, wie sie kommen sollen, um Träume, um Ängste, um Entscheidungen und deren Konsequenzen, um Leere und Fülle, die vermeintliche Abhängigkeit des Glücks von äußeren Umständen, die Bedeutung von Freundschaft, Lernfähigkeit oder die Wiederholung von Fehlern ...

Natürlich ist es auch eine schwere und traurige Thematik - aber trotzdem und auch trotz der Kritikpunkte habe ich diesen Roman ganz gerne gelesen.