Die Surferszene!

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wandablue Avatar

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Die Surferszene.
Die Botschaft lautet: Surfen ist kein Sport, es ist eine Lebenseinstellung. Lebensinhalt. Ehrlich gesagt: das finde ich erschreckend! Andererseits ist es vielleicht bei allen Extremsportarten so. Vielleicht könnte man es sonst nicht. Bestimmt könnte man es sonst nicht. Und doch habe ich für die Extremkletterer „extrem mehr“ Verständnis. (Deren Bücher sind besser !)

Der Autor beschreibt unter anderem seine Kindheit und Jugend auf Hawaii sehr anschaulich. In jeder freien Minute ist er im Meer, auf dem Brett, im Wasser, auf dem Wasser. Es hat ihn gepackt: die Natur, das Wasser, das Tempo, die Geschicklichkeit. Wer das Surfen nicht spätens mit zehn lernt, für den ist es zu spät, es jemals „richtig“ zu können.

Surfer leben in einer eigenen Welt und benutzen eine Art Geheimsprache. Wie die IT-Leute. Fachjargon eben, den sonst keiner versteht.

Der Autor reist auf der ganzen Welt herum, immer auf der Suche nach den richtigen Wellen. Oder der einen, richtigen Welle. Daneben gelingt es ihm sogar noch, eine Ausbildung abzureißen. Das steht aber nicht an erster Stelle und die Unizeit wird immer wieder unterbrochen durch Auszeiten und Reisen. Man jobt. Man lebt oft in ärmlichen Verhältnissen, aber man ist unter sich. Die Sonne scheint. Das Leben besteht aus Wasser, Wellen, Brettern, Kameraden, Sonne, Wind, Sex, Drugs, Gelegenheitsjobs. Gesundheitlich nimmt man jedes Risiko in Kauf. Gehörschäden. Berufskrankheit.

Es dauert eine ganze Weile bis der Autor mit den Gefahren des exzessiven Wellenreitens herausrückt. Wie er da und dort nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Wie der eine oder andere Kollege die Radieschen von unten wachsen sieht.

Ich hätte nicht jede Welle einzeln beschrieben gebraucht und nicht jedes neue Brett in aller Ausführlichkeit geschildert bekommen müssen. Es hat mich nicht im Geringsten interessiert, wo es die besten Shaper gibt oder wie sich die Bretter, die die Welle bedeuten, im Laufe der Zeit verändert haben. Obwohl diese Information wohl hineingehört in ein Buch über das Surfen. Die Fülle an Namen von Surferpersönlichkeiten hat mich einfach erschlagen. Was ich vermisste, war Reflexion, Träume, Schilderungen, Innerlichkeit, Zwischenmenschliches. Ansatzweise vorhanden. Schlägt aber nicht zu Buche.

Per excellence herausgearbeitet ist die Surferszene der 60er, 70er, 80er Jahre. Wer dazu gehört, wer nicht. Aber sonst? Für Nichtsurfer dürfte dieses Buch nicht besonders spannend sein. Wer was anderes sagt, dem glaube ich nicht. Für mich ist „Barbarentage“ viel zu speziell, im Surferjargon geschrieben. Zugeben muss man, dass der Autor durchaus mit Sprache umgehen kann. Und dass auch Persönliches gelegentlich zu Sprache kommt, was ich mit drei guten Sternen veranschlage. Doch gehen diese Einschübe nicht in die Tiefe. Berühren nicht.

Fazit: Barbarentage kommt nur bedingt bei mir an.

Kategorie: Sportgeschichte. Pulitzerpreis 2016
Verlag: Suhrkamp Nova, 2018