Lesestoff für Surf-Freaks

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kainundabel Avatar

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Hang Five, Hang Ten, Cutback, Duck-Dive - Zugegeben, ich verstehe vom Surfen so viel wie der amerikanische Präsident von Diplomatie. Also: rein gar nichts! Sollte man dennoch zu William Finnegans „Barbarentage“ greifen? Jein.
Seit seinem elften Lebensjahr surft der 1952 geborene Autor und lässt den Leser an seiner Obsession reichlich teilhaben. Für den nicht surf-affinen Leser mitunter eine echte Herausforderung, beschäftigen sich doch weite Textpassagen mit eben diesem Sport und seinen Eigenheiten. Auch wenn im Glossar die Fachtermini erklärt sind, wirken diese Passagen doch sehr schnell langatmig und trüben das Lesevergnügen. Permanentes Nachschlagen der Fachbegriffe hemmt den Lesefluss erheblich. Wohlgemerkt: für den Nichtsurfer! Ich habe diese weitschweifigen, detailversessenen Textstellen schließlich quer- bzw. überlesen und mich auf die biografischen Punkte konzentriert. Und die sind durchaus lesenswert. Wenn man wie ich derselben Generation wie der Autor angehört, trifft man nicht selten auf eigene Lebensparallelen. Phasenweise kam bei mir das Gefühl grenzenloser Freiheit und Weltläufigkeit auf, um den ich den damals jungen William insgeheim beneidet habe. Die Gedanken über spezifische Gegebenheiten und Einstellungen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren sind für mich die Stärken des Buches. So wird z.B. einem Kind dieser Zeit wieder bewusst, dass Gewalt in der Erziehung durchwegs als „notwendig und sinnvoll“ erachtet und praktiziert wurde – mit heute geradezu archaisch anmutender Überzeugung. Schon bei der Leseprobe hat mich die Sprache des Autors fasziniert. Den Pulitzer-Preis hat das Buch durchaus verdient.
Fazit: Lohnenswerte Lektüre für Surfer, für alle anderen mit den oben genannten Einschränkungen.