Mitreißend und besonders

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lunamonique Avatar

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„Barbarentage“ von Journalist und Autor William Finnegan wurde 2016 mit dem Pulitzerpreis im Bereich Biografie / Autobiografie ausgezeichnet. Die Leidenschaft zum Surfen bestimmt William Finnegans Leben.

„Ich surfte schon seit drei Jahren, als mein Vater die Stelle bekam, die uns nach Hawaii führte.“ William Finnegan ist 13 Jahre alt, als die Familie nach Honolulu umzieht. An der Junior Highschool Kaimuki Intermediate wird William in die Rolle eines Außenseiters gedrängt. Raufereien sind an der Tagesordnung. Schultyrannen, Rassenprobleme, Einsamkeit, beim Surfen überwindet William Angstgrenzen und findet Augenblicke des Glücks.

Die Geschichte beginnt 1966 auf Honolulu. Williams Eltern ahnen nichts von seinen Schwierigkeiten an der Schule. Er macht alles mit sich alleine aus, hält sich an den Ehrenkodex unter Jungs. Wie kann William aus dem Kreislauf von Schlägen und Misshandlungen entkommen? Der Surfclub „Southern Unit“ wird zum Rettungsanker. Ein Junge, der unbeirrt seiner Leidenschaft nach geht und eine immer größere Faszination für den Surfsport entwickelt. Williams Jagd nach der besten Welle, die detaillierten Beschreibungen des ungestümen Meeres und der Herausforderungen jedes einzelnen Spots reißen mit. Selbst Fachbegriffe werden nicht zum Hindernis und erklären sich aufgrund von Meeresszenen-Wiederholungen schnell von selbst. Aus Mitgefühl für William wird bald Bewunderung. Er geht trotz aller Hindernisse seinen Weg und bewahrt sein unbändiges Freiheitsgefühl. Aus Mister Zuverlässig wird ein Aussteiger und Lebenskünstler, der aber nie Ausbildung und Studium ganz aus dem Blick verliert. Hawaii, Los Angeles, Südsee, Australien, William lebt als junger Mann seinen Traum und löst Fernweh beim Leser aus. Durch ihn erscheint es so leicht, die Welt zu erobern. „Ich schloss die Augen. Ich spürte das Gewicht unerschlossener Welten, ungeborener Sprachen. Das war es, wonach ich suchte: nicht Exotik, sondern eine breite, stabile Einsicht, wie die Dinge lagen.“ Lebensphasen und Stationen, Reise- und Surfpartner, die Liebe, von Anfang bis Ende reißt die Biografie mit, das Surffieber als stets köchelnde Flamme. Eine ungebrochene Neugier und jungenhafte Forschheit bis ins Alter. „Darum ging es: All dieser Schönheit nahe zu sein – mehr als nur nahe, in ihr aufzugehen, von ihr durchdrungen zu sein. Die körperlichen Gefahren waren nur Beiwerk.“ Eine unglaubliche Reise mit dem Autor in seine persönliche Welt. Journalist, Kriegsreporter, Familienmensch, Erinnerungen voller Leidenschaft und Herzenswärme. Wandel und Veränderung und doch eine wesentliche treibende Kraft, die nie versiegt. Nicht nur eine Hommage ans Surfen.

Das Cover entführt in eine andere Zeit und hält einen besonderen Moment fest. Passend und eindringlich ist der Titel. Der Blick des Jungen fesselt. Eine tolles Cover, das keine auffälligen Farben braucht, sondern von der Fotoperspektive lebt. „Barbarentage“ steht für Freiheit, Abenteuer und Lebenslust. Es macht Mut, unbeirrt seinen eigenen Weg zu gehen. Stolpersteine wie Zweifel gehören dazu. Nicht nur für Biografie- und Surffans sehr empfehlenswert. Das Glossar typischer Surfbegriffe am Ende des Buches lädt Neulinge zum Stöbern und Nachlesen ein.