Bella Clara - wohin weht dich der Jahrhundertwind?

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Vermutlich zähle ich als Mann nicht zu der klassischen Zielgruppe der Autorin, die sich durch ihre Romane über starke Frauen ihrer Zeit einen Namen gemacht hat. Auf Empfehlung landete seinerseits Band I der Jahrhundertwindtrilogie auf meinem Bücherstapel und ich konnte das Buch – und später auch Band II - alsbald nicht mehr aus der Hand legen. So war neben einer gewissen Erwartungshaltung auch die Vorfreude auf den letzten Band groß, der die Geschichte von Clara beleuchtet.

Auch dieses Buch beginnt mitten im prallen Leben und führt den Leser in einen Berliner Gerichtssaal im Jahre 1906, wo die Scheidung zwischen Clara und ihrem Mann verhandelt wird.
Die Hintergründe des damaligen Scheidungsrechts wurden gut recherchiert und in die Geschichte eingebunden. Von Rechten für die Frau zu jener Zeit konnte nämlich keine Rede sein und so bleibt Clara nichts anderes übrig, als Gerhard Gropius durch eine List, die sie selbst in eine sehr schlechte Position bringt, dazu zu bringen, die Scheidung einzureichen. Doch ihre Rechnung geht nicht auf: am Ende der Gerichtsverhandlung ist sie zwar frei, hat aber sowohl ihren Sohn Matthias als auch ihr elterliches Erbe an ihren Nun-Ex-Mann verloren.

Die Tochter Sophie wird ihr zwar zugesprochen, doch Gerhard hat ganze Arbeit geleistet, indem er seine kleine Tochter so manipuliert, dass diese lieber in ihrem vertrauten Zuhause bleiben will und sich auf ein versprochenes Kätzchen freut, als mit ihrer Mutter zu gehen. Der Sohn Matthias ist schon von Kindesbeinen an durch den Vater gegen seine Mutter aufgehetzt worden und verachtet sie. Für Clara ist es furchtbar, auch ihre Tochter bei Gerhard zurücklassen zu müssen, aber sie will das Mädchen nicht zwingen und es wird ihr klar, dass Gerhard alles daran setzen wird, ihr neues Leben zu zerstören, noch bevor es richtig beginnen kann...

Das Cover mit dem Blick auf den Lindauer Hafen, sowie der Klappentext verrät, wohin der Jahrhundertwind Clara weht – an den Bodensee. Es gelingt ihr, dort eine neue Existenz aufzubauen, doch etwas fehlt: ihre Kinder. Wird sie es schaffen, sie zu sich zu holen?

Der lebendige Schreibstil, der das interne Kopfkino in Schwung bringt, ist definitiv eine der Stärken der Autorin. Die Entwicklung Claras von der bisher bescheidenen, scheuen und durch jahrelange Demütigungen verunsicherten Frau zu einer selbstbewussten Geschäftsfrau steckt buchstäblich zwischen den Zeilen. Natürlich dürfen auch Josefine und Isabelle, ihre besten Freundinnen, nicht fehlen und es ist für den Leser schön zu erfahren, wie es in der Zwischenzeit in ihrem Leben weiterging. Die Leseprobe liest sich spannend und flüssig und lädt dazu ein, sich über die damaligen Situation der Frauen, die sich scheiden lassen wollten, Gedanken zu machen. Das Cover ist hübsch, jedoch für meinen (männlichen) Geschmack zu verspielt. Generell ähneln sich die Cover der historischen Romane zur Zeit auffallend, hier würde ich mir doch mehr Einfallsreichtum wünschen.

Da ich nun schon durch dieses Lesehäppchen am Angelhaken hänge, würde ich mich über ein Leseexemplar oder das Hörbuch aufrichtig freuen!