Schönes Buch über ungewöhnliche Freundschaften

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Monica Woods "Bevor die Welt erwacht" ist ein Buch über Freundschaft.

Ausgangspunkt des Buches ist der plötzliche Tod des namenlosen, elfjährigen 'Jungen' - Sohn von Quinn und Belle, freiwilliger Pfadfinderhelfer und Freund von Ona. Der Musiker Quinn übernimmt nach dem Tod seines Sohnes dessen Aufgaben bei der 104-jährigen Ona und freundet sich schließlich ein bisschen widerwillig mit dieser an.

Der tote Junge steht im Mittelpunkt. Er verbindet die handelnden Personen. Wir erfahren weder den Namen des Jungen, noch was es mit seiner besonderen Art auf sich hat. Nur die Umstände seines Todes werden im Laufe des Buches erklärt. Somit bleibt er für den Leser etwas geheimnisvoll - so wie er wohl auch auf viele seiner Mitmenschen, u.a. den eigenen Vater, gewirkt hat.

Teilweise fand ich das Buch etwas lang ... langatmig wäre das falsche Wort. Es gibt verschiedene Handlungsstränge und ich hätte statt den Geschehnissen im 21. Jahrhundert gerne noch viel mehr über Ona und ihre langes Leben erfahren. Es ist doch erstaunlich, sich vorzustellen, persönlich mit jemandem reden zu können, der beide Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise, usw. bewusst miterlebt hat. 'Der Junge' (oder doch nur sein Lehrer?!) teilt mein Interesse und zeichnet Onas Lebenserinnerungen auf Tonband auf. Die Aufnahmen geben aber nur Bruchstücke aus Onas Leben wieder - teilweise auch aus dem Zusammenhang gerissen. Das ist bestimmt Absicht und ein Stilmittel, aber ich hätte gerne mehr erfahren. Auch die Rückblenden im Fließtext reichen mir nicht ganz aus. Mir geht es bei Büchern mit zwei Zeitebenen aber häufig so, dass die ältere Ebene für mich zu kurz kommt - für andere Leser ist das Verhältnis hier bestimmt ausgewogen.

Insgesamt ein schönes Buch, das sich mit Trauer und Verlust, Freundschaft und Liebe, Vatersein, Versagensängsten und einigem mehr beschäftigt, dabei aber nicht schwermütig wird.