Das Land formt den Menschen

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Callan Winks Debutroman “Big Sky Country” ist ein leiser Coming-of-age-Roman, der in den Weiten des amerikanischen Westens spielt. August, der Protagonist, wächst auf einer Farm auf, sein Vater hält Milchkühe. Schließlich lässt sich seine Mutter jedoch scheiden, die sich für ihr eigenes - und auch für Lebens ihres Sohnes - immer etwas anderes vorgestellt hat als Kühe melken und Zäune reparieren. Sie zieht mit August nach Montana, holt ihr Studium nach und fängt in einer Bibliothek an. August kommt im neuen Leben nicht so richtig an. Man hat nie den Eindruck, dass er in der Schule wirklich dazugehört, und auch die Träume seiner Mutter teilt er nicht. Deshalb nimmt er kein Studium auf, als er mit der Schule fertig ist, sondern heuert auf einer Ranch als Helfer an. Dort schließt er neue Freundschaften, steht auf eigenen Beinen, lebt aber eben auch das eintönige Leben zwischen der sich immer wiederholenden Arbeit und den wenigen Zerstreuungen dazwischen.

Die Geschichte ist nicht spannend, das ist auch gar nicht Winks Anspruch. Was das Buch für mich lesenswert gemacht hat, ist die Haltung seines Autors. Es gibt einige wirklich abstoßende Szenen im Roman, und trotzdem bleibt Wink immer neutral. Er stellt sich weder auf die Seite von Augusts Mutter, noch auf die seines Vaters. Er wertet keine seiner Figuren und überlässt es dem Leser, seinen eigenen moralischen Kompass anzulegen. Mancher fühlt sich dadurch vielleicht zu wenig an die Hand genommen. Mir jedoch hat diese Art des Erzählens sehr gut gefallen. Sehr zurückgenommen, sehr leise, fast lakonisch und ohne große Höhepunkte. Und vielleicht gerade dadurch ein Roman, der sich durch die Hintertür ins Herz schleicht.